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Bohrlochschlitzsonde

Das Bohrlochschlitzverfahren (engl.: borehole slotting) wurde als Verfahren zur in situ Spannungsmessung an der James Cook University, Townsville, Australien, entwickelt (Bock & Foruria 1984) und entsprechende Bohrlochschlitzsonden in den 1990iger Jahren kommerziell vertrieben (Bock 1993). Es ist ein 2-D Verfahren, das auf dem Prinzip der lokalen Entspannung einer Bohrlochwandung basiert, ohne auf ein Überbohren angewiesen zu sein. Allein hierdurch verringert sich der Zeitaufwand für eine Messung gegenüber den klassischen Überbohrverfahren erheblich, weshalb Bohrlochschlitzen als ein sehr effizientes Spannungsmessverfahren angesehen wird (Becker 2000).  

Messverfahren

Versuchstechnisch wird die lokale Entspannung der Bohrlochwand mit Hilfe kleiner, jeweils ca. 20 mm tiefer und ca. 1 mm breiter Sägeschlitze hervorgerufen. Zur Herstellung der Schlitze dient eine pneumatisch angetriebene Diamantsäge, die Teil der Bohrlochschlitzsonde ist. Die Sonde ist für Bohrlöcher vom Durchmesser zwischen 96 und 103 mm ausgelegt. Die Schlitze sind in radialer Richtung parallel zur Bohrlochachse angeordnet. Sie bewirken einen lokalen Abbau der an der Bohrlochwandung herrschenden Tangentialspannung σθ.

In unmittelbarer Nähe des Sägeblattes befindet sich ein wiedergewinnbarer Kontakt- Dehnungsaufnehmer, der als Herzstück der Bohrlochschlitzsonde angesehen werden kann. Der Aufnehmer wird vor dem Schlitzen hydraulisch an die Bohrlochwandung geführt und dort während des Schlitzens mit einer konstanten Kraft an der Bohrlochwandung gehalten. Unmittelbar vor, während und nach dem Schlitzen wird durch ihn die tangentiale Dehnung εθ der Bohrlochwandung am Schnittufer des Sägeschlitzes erfasst. Die Geometrie und Anordnung der einzelnen Komponenten mit der Schnitttiefe des Schlitzes, der Basislänge des Dehnungsaufnehmers,seinem Abstand vom Schnittufer sowie dem Durchmesser des Bohrlochs sind so ausgelegt, dass bei einer Schnitttiefe von >= 12 mm an der Kontaktdehnungs-Messstelle lokal eine vollständige Entspannung auftritt (Bock & Foruria 1984).   

Am jeweiligen Messort werden nacheinander Schlitze in voneinander unabhängigen Richtungen gesägt und die sich ergebenden Dehnungsmesssignale kontinuierlich vor, während und nach dem Sägen aufgezeichnet. Üblicherweise werden in einer Bohrlochteufe drei, jeweils um ca. 120° gegeneinander versetzte, Schlitze erstellt. Eine derartige Konfiguration ist das Mindesterfordernis zur Bestimmung des 2-D Spannungszustands in der Ebene normal zur Bohrlochachse. Zur Gewinnung einer redundanten Messdatenbasis werden für eine 2-D Spannungsmessung in der Regel zusätzliche Schlitze in einem Abstand von ca. 100 bis 200 mm vom Messort gesägt, wobei die Anzahl der zusätzlich erforderlichen Sägeschlitze noch während des Versuchsablauf in Abhängigkeit von der Güte der zuvor erzielten Messsignale abgeschätzt werden kann. Eine derartige laufende Anpassung des Versuchsablaufs an die lokalen Bedingungen ist ein Alleinstellungsmerkmal des Schlitzsondenverfahrens und eines seiner wesentlichen konzeptionellen Vorteile. 

Bei der Auswertung der Schlitzversuche wird – wie bei den Überbohrverfahren auch – ein linear-elastisches Materialverhalten angenommen, um die gemessenen tangentialen Dehnungen εθ in entsprechende Spannungen σθ zu überführen. Die weitere Auswertung erfolgt auf der Basis der klassischen Lösung nach Kirsch (1898). Der großräumig wirkende 3-D Gebirgsspannungszustand kann aus 2-D Bohrlochschlitzsonden- Messungen bestimmt werden, sofern mindestens drei in unabhängiger Richtung abgeteufte Bohrlöcher beprobt werden und der in situ Spannungszustand im Bereich dieser Bohrungen homogen ist. Die Berechnung erfolgt nach dem in Lawrence & Sneddon (1991) vorgestellten Verfahren.  

Bewertung

Das Spannungsmessverfahren mittels Bohrlochschlitzens hat sich noch nicht in dem Maße im Geoingenieurwesen und im Bergbau durchgesetzt, wie es bei seinen unzweifelhaften technischen und konzeptionellen Vorteilen erwartet werden könnte. Neben einer diskontinuierlichen Vermarktung dürfte dabei eine Rolle spielen, dass das bisher entwickelte Schlitzsondensystem schwerwiegende Anwendungsgrenzen hat: Es ist bislang für Bohrlochteufen von maximal 30 m ausgelegt und zudem nur in trockenen Bohrlöchern einsetzbar.

Vorteile

Alleinstellungsmerkmale:

  • kein Überbohren
  • Anzahl der Messungen zwanglos an örtliche
  • Bedingungen anpassbar
  • Möglichkeit einer extrem hohen Messdichte
  • von bis zu zehn 2-D Messungen / 1 m 
  • alle Komponenten der Schlitzsonde sind wiedergewinnbar
  • (nahezu) beliebig hohe Redundanz der Messung
  • kontinuierliche Erfassung des Messsignals vor, während und nach dem Schlitzen
  • für Absolutmessungen geeignet, bedingt auch für Änderungsmessungen (EDZ-Bereiche) 

Nachteile

Indirektes 2-D Spannungsmessverfahren: Materialkennwerte E und ν

für die Bestimmung der Größe der Hauptspannungen erforderlich. 

  • Bohrlochteufe begrenzt auf max. 30 m
  • nicht in wassergefüllten Bohrlöchern einsetzbar
  • technisches und kommerzielles Entwicklungspotential noch nicht ausgeschöpft
  • beschränkte Aussagekraft bei hohen Spannungsanisotropien.

Literatur

H. Bock, Arbeitsbericht NAB 14-30 „Oberflächennahe Spannungsmessungen in der Nordschweiz und den angrenzenden Gebieten“ 2014

Bock, H. & Foruria, V. (1984). A recoverable borehole slotting instrument for in-situ stress
measurements in rock; not requiring overcoring. – Proceed. Int. Sympos. Field Meas. in
Geomechanics, Zurich, 1: 15 - 29, Rotterdam (Balkema). 

Bock, H. (1993). Measuring in situ rock stress by borehole slotting. – In: Hudson, J.A. (ed.):
Comprehensive Rock Engineering, 3: 433-443, Oxford (Pergamon). 

Becker, A. (2000). Der Faltenjura: geologischer Rahmen, Bau und Entwicklung seit dem
Miozän. – Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., N.F., 82: 317-336. 

Kirsch, G. (1898). Die Theorie der Elastizität und die Bedürfnisse der Festigkeitslehre. – Mitt.
VDI, 42: 797 - 807. 

Lawrence, W. & Sneddon, G. (1991). Calculation and method of verification of the 3-D insitu
stress tensor. – Proceed. 7th Int. Congr. Comp. Methods & Advances in Geomechanics,
Cairns / Australia, 6 p. 

zuletzt bearbeitet Mai 2020, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de