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„Als Frau hat man eine Verantwortung, anderen Mut zu machen"

| News

In der Serie „Frauen in der Geothermie" interviewen wir Expertinnen aus der Branche. Heute sprechen wir mit Susanne Weber, die für die Deutsche Erdwärme als Projektleiterin tätig ist.

Susanne Weber hat Jahrzehnte Erfahrung im Energiebereich Foto: privat, Gestaltung: Susann Piesnack

Welche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend haben Sie für Ihren weiteren Berufsweg geprägt?

„Ich bin im Südwesten Deutschlands aufgewachsen, in und um Ludwigshafen, eine Gegend, die industriell geprägt ist. Meine Mutter hat im medizinischen Umfeld gearbeitet, damit war sie damals, vor allem, als wir von Ludwigshafen Stadt ins Umland zogen, eher eine Exotin. Mein Vater war in einem technischen Beruf in der Industrie tätig. Und ich habe einen acht Jahre älteren Bruder, war es also früh gewohnt, mich mit männlichen Aspekten auseinanderzusetzen.“

Gab es frühe (weibliche) Vorbilder?

„Meine Mutter hat gerne gearbeitet und mir das auch vorgelebt. Aber ansonsten habe ich erlebt, dass Männer Geld verdienen und die Entscheidungen treffen und Frauen meist langweilige und sich wiederholende Tätigkeiten ausführen und sehr viel weniger Mitspracherecht haben, wenn sie nicht arbeiten. Mir war früh klar, dass ich so nicht leben möchte.“

Wie fiel die Entscheidung für einen technischen Beruf/ das Ingenieurswesen?

„Ich war auf einer reinen Mädchenschule und interessiert an Mathe und Physik. Da es dort keinen Vergleich zu Jungen gab, habe ich das nicht als ungewöhnlich empfunden. Meiner Mutter zuliebe machte ich ein Praktikum im Krankenhaus, aber habe schon nach dem ersten Tag gemerkt, dass mir das überhaupt nicht liegt. Mit meinem Vater habe ich zu Hause schon früh getüftelt und gebaut. Wir haben zum Beispiel eine Solarthermie-Anlage auf das Garagendach gestellt und er hat unsere Toilette mit Regenwasser betrieben und war damit in den achtziger Jahren seiner Zeit weit voraus. Die Vorstellung, dass man mit eigenen Ideen und etwas handwerklichem Geschick etwas Energiesparendes bauen kann, war für mich ein erster Einstieg.“

Wie haben Sie ihr Studium und ihre ersten Jahre im Job erlebt, auch in Hinblick auf Gleichberechtigung?

„Ich habe zunächst eine Ausbildung zur Technischen Zeichnerin gemacht und schon während meiner Ausbildung und danach fast nur mit Männern zusammengearbeitet. Danach habe ich in vier Jahren Abendakademie meinen Abschluss zur Staatliche Geprüften Maschinenbautechnikerin gemacht und war auch dort fast die einzige Frau. In der Firma hatte ich Vorgesetzte, die sich geschlechterneutral verhalten haben und mein Interesse und meine Motivation sehr unterstützt haben. Als ein Projektingenieur dann in Rente ging, hat mein Chef mir mit Anfang 20 die Nachfolge angetragen große, sehr kundenspezifische Projekte zu übernehmen, das hat mich sehr geprägt. Man hat mir Dinge zugetraut, mir früh Verantwortung übergeben und es mir damit ermöglicht, mich einzubringen und mich zu beweisen. Dabei habe ich eine wichtige Erfahrung gemacht. Als wir vom Zeichenbrett auf CAD-Systeme umgestellt haben, war ich Teil des Einführungsteams. Wie es immer so ist, schätzen Menschen es nicht, wenn sie sich von einer altbekannten Methode auf etwas völlig Neues umstellen müssen. Ich wurde bei den Schulungen genauso angegangen wie meine Kollegen und habe da begriffen, dass es wirklich wichtig ist, Dinge nicht persönlich zu nehmen.“

Sie waren 17 Jahre bei Sihi Pumps, können Sie die wichtigsten Stationen und Learnings aus dieser Zeit zusammenfassen?

„Die Firma war ein mittelständisches Unternehmen mit 2000 Mitarbeitenden, einem sehr umfassenden Leistungsumfang und internationaler Ausrichtung. Ich habe dadurch sehr früh viele Branchen kennengelernt aber auch die Verlagerung ins Ausland, mit allen Vor- und Nachteilen der Globalisierung. Ich begann in der Konstruktion, arbeitete dann als Projektingenieurin, war dann verantwortlich für den skandinavischen Vertrieb und übernahm dann Leitung der Produktsparte Kraftwerks- und Hochdruckpumpen. Zum Thema Gleichberechtigung fällt mir bei dem Thema folgendes ein. Bei einem Kunden aus Saudi-Arabien durfte ich nach einer Kundenabnahme nicht mit aufs Gruppenfoto. Der Kunde hat sich zwar für meine gute Projektierung bedankt, aber eben auch entschuldigt, dass er keine Frau dokumentieren kann. In Schweden habe ich in den Nuller Jahren eine gegenteilige Erfahrung gemacht und einen CEO erlebt, der eine Besprechung völlig selbstverständlich um 14 Uhr beendete, weil er seine Kinder aus dem Kindergarten abholen musste. Und in Indonesien habe ich nach einem Vortrag über Kraftwerkspumpen vor über 100 Personen, von den fünf anwesenden Frauen das Feedback bekommen, dass sie sich nur getraut hatten, Fragen zu stellen, weil ich als Frau auf der Bühne stand. Da wurde mir klar: Mein Frausein wird stärker wahrgenommen, als ich das dachte, und daraus entsteht auch eine gewisse Verantwortung, anderen Mut zu machen. Und dieser CEO in Schweden hatte mir definitiv Mut gemacht.“

Das Unternehmen wurde dann von einer US-Firma übernommen, wie haben Sie diese Umstellung erlebt?

„Aus den 2000 Mitarbeitenden wurden 20 000, das war natürlich ein großer Schritt und damit wuchs auch mein Verantwortungsbereich, was ich erst als positiv empfand. Aber es entstanden daraus auch längere Entscheidungswege, weniger Kundennähe, die Ausrichtung verschob sich in Richtung Öl und Gas und ich sollte Produkte ins Ausland verlagern, wodurch Abteilungen vor Ort geschlossen werden sollten. Das wollte ich nicht mittragen und entschied mich, zu gehen.“

Später waren Sie als Beraterin tätig, können Sie ausführen, was das für ein Projekt war, für das sie berieten?

„Ich hatte schon Jahre davor eine Coachingausbildung gemacht und die Selbstständigkeit war erstmal ein Befreiungsschlag. Ich habe Coachings für Frauen in Führungsposition angeboten, im Bereich technischer Vertrieb und als Beraterin für Produktmanagement gearbeitet. Nach drei Jahren Selbstständigkeit habe ich gemerkt, dass mir die Teamarbeit fehlt. Die Erneuerbaren interessierten mich schon während meiner Pumpenzeit und da die Geothermie thematisch ebenfalls passt, entschied ich, mich auf die Stellenausschreibung bei der Deutschen Erdwärme zu bewerben.“

Was begeistert Sie an der Geothermie?

„Ich bin sehr glücklich, endlich im Bereich Erneuerbare Energien zu arbeiten. Meine Tätigkeit hat eine riesige Bandbreite, von Kontakten zu Bürgern und Gemeindevertreter*innen, Stadtwerken, Naturschutz, Wasserschutz bis hin zu Geologie, Tiefbau, Bohr-und Anlagentechnik. Ich finde es sehr spannend, als Projektleiterin eine Technologie voranzubringen, die den höchsten Wirkungsgrad im Bereich Wärmeversorgung hat.“

Was wünschen Sie sich für die Branche?

„Mehr Unterstützung und Vertrauen aus Politik und Verwaltung. Viele Anlagen der Tiefengeothermie laufen seit Jahren sicher und zuverlässig und das sollte sich auch in der Förderkulisse spiegeln. Wir brauchen zudem schlankere Prozesse bei den Genehmigungen und bessere Planungssicherheit.“

Wie kommt man durch den Arbeitsalltag, wenn man in einem stark männerdominierten Feld arbeitet?

„Wie woanders auch, Reaktionen und Kritik nicht immer gleich persönlich nehmen, sich etwas zutrauen, immer wieder selbst aktiv werden und auch mal ungefragt seine Meinung sagen. Generell würde ich jeder Frau zuraten, in dieses Feld zu gehen.“

Sie sind außerdem ehrenamtlich im Bereich Bildung und Gleichstellung tätig, können Sie ausführen, was genau sie machen?

„Ich bin Mitglied bei Soroptimist International, einem Netzwerk berufstätiger Frauen, die sich für Frauenprojekte einsetzen, von Sprachkursen für Flüchtlinge über den Bau von Frauenhäusern bis hin zu internationalen Projekten wie Mikrokredite für Näherinnen in Bangladesch. Das Ziel ist es, Frauen und Mädchen Zugang zu Bildung zu geben, Gewalt gegen sie zu verhindern und sie wirtschaftlich unabhängig zu machen.“

Darüber hinaus coachten Sie (weibliche) Führungskräfte. Was sind typische Dinge, die Frauen schwer fallen oder mit denen sie kämpfen?

„Man kann es herunterbrechen auf: Sie trauen sich im Beruf oft weniger zu und sind vornweg zu perfektionistisch, wo Männer eher sagen: Wenn ich eine Fähigkeit nicht habe, die in der Stellenausschreibung steht, dann lerne ich sie eben mit dem Job. Und Frauen nehmen oft zu wenig Raum ein. Ich merke immer wieder, dass es wichtig ist, dass Frauen sich einbringen, denn gemischte Teams funktionieren einfach sehr gut und Frauen bringen Dinge auf andere Art voran.“

Welchen Rat hätten Sie gerne früher in Ihrer Karriere gehört?

„Wie wichtig es ist, zu erkennen, wofür man ein Talent hat und den eigenen Weg danach auszurichten.“

Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben, wenn es darum geht, sich beruflich zu behaupten?

„Sich einbringen, ausprobieren, Fehler machen und dazu stehen, in Vorleistung gehen und für die eigene, erbrachte Leistung auch ein entsprechendes Gehalt einfordern. Für Mütter ist es außerdem wichtig, sich ein gutes Netzwerk zur Betreuung aufzubauen und sich nicht auf staatliche Hilfe zu verlassen, sonst kann man den Alltag nicht stabil überstehen. Das kann ich als Mutter von zwei Jungs, die Zwillinge und mittlerweile volljährig sind, nicht deutlich genug unterstreichen.“

Wie entspannen Sie?

„Ich singe im Chor, jogge, rudere, verbringe Zeit in der Natur und mit meiner Familie und Freunden und versuche, einmal im Jahr etwas Neues zu lernen, gegenwärtig ist das der Klavierunterricht.“