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Bernd Westphal (SPD): "Es bedarf einer Strategie"

| News

Der Bundesverband Geothermie befragt die demokratischen Parteien nach Ihrer Position zur Geothermie. In der Artikelreihe werden die Antworten der einzelnen ParteivertreterInnen vorgestellt. Heute: SPD

Bernd Westphal ist der Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion. Fotograf: Benno Kraehahn.

Für fast alle Parteien ist das Thema der immer dringlicheren Klimakrise ein wichtiger Bestandteil ihrer Politik geworden. Um die Krise noch abwenden zu können oder zumindest ihre Geschwindigkeit verlangsamen zu können, stellen die Parteien zur Bundestagswahl ihre Strategien vor. Die Energie- und Wärmewende ist dabei immer ein wichtiger Aspekt. Im Zukunftsprogramm der SPD heißt es dazu:

Um die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen, kommt dem
Energiesektor eine Schlüsselrolle zu. Wir müssen den Anteil erneuerbarer Energien enorm stei-
gern, den Energie-Mix weiter ausweiten und bestehende Abhängigkeit von fossilen Energieliefe-
rungen abbauen. Wir werden Europa bis spätestens 2050 zum ersten nachhaltigen und treibhaus-
gasneutralen Kontinent machen und eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels
einnehmen.

Die Wahlprüfstein-Fragen des Bundesverbandes Geothermie an die SPD beantwortete Bernd Westphal. Er ist seit 2013 Mitglied des Parlaments und Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion:

Welche Rolle schreibt Ihre Partei/Fraktion der Geothermie im Energiemix der Zukunft zu?

Geothermie gehört mit Biomasse zu den steuerbaren erneuerbaren Energien. Von daher sehen wir Geothermie und Biomasse hinsichtlich der Sektorenkopplung als Teil einer ganzheitlichen Energiewende zusammen mit Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Die Tiefengeothermie kann vor allem in Wärmenetzen einen hohen Anteil der Wärmeversorgung übernehmen, aber auch in der Stromversorgung windarme und bewölkte Wetterphasen ausgleichen.


Gibt es aus Sicht Ihrer Partei/Fraktion technisches Verbesserungspotenzial?

Als kritische Komponenten und Prozesse gelten für die Tiefengeothermie u.a. das geothermische Reservoir und der Bohrlochausbau, aber auch Förderpumpen und Korrosion. Daraus ergeben sich die Entwicklungsziele: Verbesserte Erkundungsmethoden zur Minimierung des Fündigkeitsrisikos, Verfahren zur Sicherung nachhaltiger Lagerstättenproduktivität, ganzheitliche Forschungsansätze für einen effizienten und nachhaltigen Anlagenbetrieb, Akzeptanz- und vergleichende Risikoanalysen zur Nutzung des unterirdischen Raumes, Konzepte zur Bereitstellung und Speicherung von Wärme im urbanen Raum, Entwicklung von Demonstrationsvorhaben für die Wärme.


Wie schätzt Ihre Partei/Fraktion die derzeitige Wettbewerbs- und Fördersituation ein?

Die Wettbewerbs- und Fördersituation – und hier beziehe ich mich ausschließlich auf die Tiefengeothermie-Anlagen - ist geprägt durch die Fokussierung auf den Strombereich und auf den Umstand, dass steuerbare erneuerbare Energien derzeit preislich nicht auf dem Strommarkt abgebildet werden.

Nach dem EEG-Erfahrungsbericht lagen in 2018 die Stromgestehungskosten zwischen 26 und 45 Ct./kWh. Modellrechnungen zeigen, dass bei neuen Anlagen etwa 21 Ct./kWh erreichbar wären. Die Planungszeiten betragen fünf bis sieben Jahre.

Die Einspeisevergütung im EEG ist mit 25 Ct./kWh festgelegt. Mit dem EEG 2021 wird für die Geothermie die ab 2022 einsetzende Degression der Vergütung von 2% auf 0,5% abgesenkt. Sobald eine installierte Leistung von 120 MW erreicht ist, steigt die Degression wieder auf 2%. Ziel ist es, durch einen höheren Zubau von Anlagenleistung zu entsprechenden Lerneffekten zu kommen. Zudem erhöht die Regelung die Planungssicherheit für Betreiber.

Aufgrund der höheren Stromgestehungskosten von Geothermie-Anlagen im Vergleich zu Windkraft- und Photovoltaikanlagen fand mit dem EEG 2014 und folgender, eine klare Schwerpunktsetzung der Förderung auf die kostengünstigen aber volatilen Energieträger Windkraft und Photovoltaik statt. Auch die Förderung der Stromerzeugung aus Bioenergie wird weiterhin gefördert aber nicht forciert, weil auch hier die Stromgestehungskosten hoch sind und keine Kostensenkung zu erwarten ist. Allerdings wird hier nur die Strom- und nicht die Wärmeerzeugung in den Blick genommen.


Welche Hürden stehen aus Sicht Ihrer Partei/Fraktion derzeit einer verstärkten Anwendung der Geothermie im Weg?

Das technische Verbesserungspotenzial hatte ich bereits genannt, hinzu kommen das Abgaben- und Umlagesystem im Energiebereich, die Fokussierung auf den Strommarkt und auf ein Marktdesign, das nicht den Preis für Knappheit und Volatilität abbildet. Hinzu kommt eine fehlende ganzheitliche Strategie der Energiewende, die neben Verkehr und Industrie auch den Wärmebereich umfasst.

Die SPD hat insbesondere die Novellierung des Abgaben- und Umlagesystems sowie eine ganzheitliche Strategie der Energiewende in den letzten Jahren gefordert. Durch die Blockadehaltung der Union ist wertvolle Zeit ungenutzt verstrichen.


Welche energiepolitischen Ziele will Ihre Partei/Fraktion in der nächsten Legislaturperiode vorrangig angehen?

Am 31.12.2022 werden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Gleichzeitig werden wir den Ausstieg aus der Kohle umsetzen und mit den Bürgern in den Regionen neue Zukunftsperspektiven erarbeiten.

Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorantreiben. Sektorenkopplung und der dezentrale Ansatz der Energiewende spielen dabei eine Schlüsselrolle. Um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern verbindlicher zu gestalten, wurde auf unseren Vorschlag hin ein Koordinierungsmechanismus eingerichtet. Denn erneuerbare Energie muss bezahlbar sein und zum Mitmach- und Teilhabeprojekt für alle werden.

Es bedarf einer Strategie, die nicht allein auf der Ebene „Technologieoffenheit“ und Marktwirtschaft entschieden werden kann, sondern vielmehr einer rationellen Planung und Organisation von Energieeinsparung sowie Wärme- und Stromversorgung. Während der Ausbau der Stromerzeugung durch das EEG eine Vielzahl voneinander unabhängigen Akteuren im Bereich Windkraft und Photovoltaik hervorgebracht hat, ist die Wärmewende auf koordinierende Akteure wie die Kommunen angewiesen. Sie müssen die Wärmepotenziale lokal ermitteln, den Ausbau und Aufbau von Wärmenetzen und Wasserstoffnetzen organisieren und abwägen, wo eine strombasierte Wärmeversorgung sinnvoll ist. Wir wollen auf nationaler Ebene den Weg freimachen für Erneuerbare Energie-Gemeinschaften gem. der EU-RED-Richtlinie. Gemeinschaften, die gleichzeitig Effizienz-Gemeinschaften sind, planen selbst, welche der Strom- und Wärmequellen in ihrem Bereich sinnvoll kombiniert werden. Wir werden ein Marktdesign entwickeln, in dem steuerbare, nicht volatile erneuerbare Energien preislich abgebildet werden. Denn dann hat auch die Geothermie eine Chance, wirtschaftlich am Markt bestehen zu können.

Unterstützt wird der Weg zur Klimaneutralität ab 2021 durch einen CO2-Preis auf alle fossilen Brennstoffemissionen, der kontinuierlich und berechenbar ansteigt. Er steigt in dem Maße an, wie Bürger*innen und Unternehmer*innen eine Chance haben, auf Alternativen umzusteigen. Dieser Pfad wird durch Entlastungen für Menschen mit geringem Einkommen sowie kleinen und mittleren Unternehmen flankiert.