Welche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend haben Sie für Ihren weiteren Berufsweg geprägt?
„Ich bin in Recklinghausen – mitten im Ruhrgebiet - aufgewachsen. Mein Vater war bei einem Speditionsunternehmen im Bergbau tätig und ich glaube, das hat einen Grundstein für meine Sympathie für die Thematik gelegt. Meine Großeltern waren Milchbauern und so haben wir als Kinder auch viel Zeit auf dem Land verbracht. Kühe, Ponys, Hühner, Katzen – für kleine Kinder war das natürlich ein traumhaftes Ausflugsziel. Das hat meinen Bezug zur Natur und Umwelt geprägt. In der Schule hatte ich einen Rechtskundelehrer, der das Thema sehr lebhaft vermittelt hat. Das hat mich ebenfalls in Bezug auf die Berufswahl geprägt.“
Gab es frühe (weibliche) Vorbilder?
„Aus dem Sport, ja. Ich war im Schwimm- und Reitverein aktiv: Franziska von Almsick und Meredith Michaels-Beerbaum. Die haben mich abgeholt. Klassische Vorbilder hatte ich sonst aber nicht.“
Warum haben Sie sich für ein Studium der Rechtswissenschaften entschieden?
„Schon die Inhalte im Rechtskundeunterricht an der Schule habe ich als sehr logisch empfunden und wollte mehr über die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens lernen und Zusammenhänge verstehen.“
Wie haben Sie das Studium in Hinblick auf Gleichberechtigung erlebt?
„Sehr ausgewogen. Es gab mehr männliche Dozenten als weibliche, aber wir Frauen wurden nicht anders behandelt. Sexismus habe ich außerhalb der Universität erlebt, als mich ein Ausbilder auf einen Lehrgang mitnahm und in Bezug auf eine offene Stelle im Verkehrsrecht von einem anderen Teilnehmer geäußert wurde, dass für diese Stelle ein Mann gesucht werde. Warum das eine Rolle spielt – ob man denkt, Männer haben eine intrinsische Fähigkeit, Verkehrsthemen eher zu verstehen – habe ich dann aber nicht weiter hinterfragt – Interesse an der Stelle hatte ich ohnehin nicht mehr.“
Sie haben weit überdurchschnittliche Leistungen erzielt. Haben Sie trotzdem gelegentlich mit dem Imposter-Syndrom zu tun gehabt, oder stellen Sie sich nicht in Frage?
„Ich habe schnell die Erfahrung gemacht, dass entgegen den landläufigen Vorurteilen das Auswendiglernen im Jurastudium nicht zielführend ist, sondern man gut daran tut, in Zusammenhängen und Systemen zu lernen. Das Ziel des Studiums ist es, jemanden auszubilden, der ein Systemverständnis hat und sich mit diesem schnell in andere Bereiche des Rechts einarbeiten kann. Was das Imposter-Syndrom angeht: Daran leide ich nicht. Wichtig ist mir, stets bereit zu sein, mich zu hinterfragen,, um eine gute Fehlerkultur zu leben und daran zu wachsen. Ich halte viel davon, sich seiner Stärken UND Schwächen bewusst zu werden.“
Gab es Mentorinnen und Mentoren, die im Laufe Ihrer Karriere wichtig waren?
„Im Rahmen meiner Zivilstation gab es einen Richter, der mich sehr geprägt hat und mir vermittelt hat, dass man auch im Rechtsbereich lebensnah bleiben muss. Außerdem habe ich im Rahmen meiner Verwaltungsstation eine Teamleiterin kennengelernt, die schon in vielen Positionen gearbeitet hatte und von der ich aus erster Hand Eindrücke aus dem Arbeitsalltag in Kanzleien, aber auch in der Verwaltung bekommen habe. Das war sehr hilfreich.“
Was hat Sie zum Freiwilligendienst in Tansania bewogen und wie haben Sie diese Zeit erlebt?
„Ich wollte zwischen dem Studium und dem Referendariat bewusst meinen Horizont erweitern und habe in einer Vorschule auf Sansibar mit Kindern gearbeitet. Ich habe diese Zeit als sehr prägend erlebt. Wir Freiwilligen haben vor Ort unglaublich viel Lebensfreude und Gastfreundschaft erlebt und wurden auch in das alltägliche Leben, zum Beispiel die landwirtschaftliche Arbeit, mit einbezogen. Ich habe aus diesem Aufenthalt auch ein verstärktes Bewusstsein für die Fülle meiner Privilegien mitgenommen und das Verständnis, dass vieles, was wir hier in Deutschland für selbstverständlich halten, nicht selbstverständlich ist.“
Gegenwärtig arbeiten Sie als Volljuristin für die Fraunhofer IEG. Was begeistert Sie an der Geothermie?
„Verschiedene Aspekte: Für mich ist die Geothermie faszinierend, weil sie eine nachhaltige Energiequelle ist, die im Gegensatz zu anderen Erneuerbaren stets zur Verfügung steht. Außerdem finde ich die mit dem Thema häufig einhergehende Arbeit in interdisziplinären Teams spannend. Da die Technologie in Deutschland noch am Anfang steht, gibt es außerdem noch Raum für kreative rechtliche Lösungen.“
Was wünschen Sie sich für die Geothermie?
„Dass sie mehr Raum im politischen und öffentlichen Diskurs einnimmt. Das gilt für die Geothermie im Allgemeinen und für Themen wie die Datenverfügbarkeit im Speziellen. Das Geologiedatengesetz war ein Schritt in die richtige Richtung, aber eine breite Verfügbarkeit von Daten kann derzeit – aus verschiedenen Gründen – trotzdem noch nicht gewährleistet werden.“
Das Bergrecht gilt als sehr komplex. Was daran begeistert Sie?
„Ich finde grundsätzlich Verwaltungsrecht spannend. Das Bergrecht ist komplex, aber es bildet eben auch sehr komplexe Vorhaben ab. Ich mag den logischen Aufbau sowie die Strukturen, die die in der Sache sehr diffizilen Dinge fassen und umsetzbar machen. Dafür bietet das Bergrech eine sehr stringente Lösung Von daher halte ich die Komplexität des Gesetzes für absolut angemessen.“
Was sollten wir über das Bergrecht wissen, was vielleicht noch nicht so bekannt ist?
„Ich würde gerne eine Lanze für dieses als eingestaubt geltende Recht brechen: Die Strukturen im Bergrecht – die von Antragstellern teils als lästig empfunden werden - bieten für die Unternehmen im Rahmen gewerblicher Aufsuchungen auch Planungs- und Finanzierungssicherheit. Darüber hinaus lässt das Bergrecht auch Raum für Innovation: Zum Beispiel erlaubt es neben der Aufsuchung zu gewerblichen auch jene zu wissenschaftlichen Zwecken und räumt dieser aufgrund des öffentlichen Interesses an wissenschaftlicher Arbeit Privilegien ein - ein Aspekt, der oft vernachlässigt wird.“
In welchen Punkten sehen Sie beim Bergrecht Reformbedarf?
„Hier würde ich gern zwei Punkte ansprechen: Zum einen sollte sich das Gesetz in puncto Wärmespeicherung weiter öffnen und sowohl die Speicherung in ehemaligen Bergwerken als auch die Aquiferwärmespeicherung abdecken. Zum anderen enthält das Bergrecht bereits Privilegierungen d.h. gesetzliche Erleichterungen für erneuerbare Energien, konkret in § 57 e BBergG. Dieser sieht z.B. die Abwicklung über eine einheitliche Stelle und feste Verfahrensfristen vor, beides kann Antragstellern ihre Arbeit deutlich erleichtern und zu Beschleunigung beitragen. Der Anwendungsbereich der Privilegierung ist aber noch zu eng: Erfasst werden nur Vorhaben zur Stromgewinnung und nur in der Gewinnungsphase. Reformbedarf sehe ich hier also hinsichtlich einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 57 e BBergG auch auf die Aufsuchungsphase und auf Projekte zur Wärmegewinnung.“
Was machen Sie zur Entspannung?
„Ich mache sehr gerne Sport und habe mir das Schwimmen als Hobby seit meiner Jugend bewahrt. Außerdem verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden und lese gerne. Das entspannt mich.“
Welchen Rat hätten Sie gerne früher in Ihrer Karriere gehört?
„Der Schlüssel ist es, den eigenen Interessen zu folgen.“
Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben, wenn es darum geht, sich beruflich zu behaupten?
„Ich bin ja selbst noch jung, deswegen werden meine Tipps sich erst noch bewähren müssen. Zwei Aspekte habe ich bereits identifiziert: Der Aufbau eines Netzwerks mit männlichen und weiblichen Kollegen sowie Mut zur Sichtbarkeit.“