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„Die Welt wartet nicht auf uns“

| News

In unserer Serie stellen wir heute die Präsidentin des Bundesverbands Geothermie e.V. vor, Dr. Karin Thelen. Sie spricht über ihren Weg in die Geschäftsführung der Stadtwerke München.

Dr. Karin Thelen ist Präsidentin vom Bundesverband Geothermie e.V. Grafik: Gestaltung Susann Piesnack, Foto Stadtwerke München (SWM)

Welche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend haben Sie für Ihren weiteren Berufsweg geprägt?

„Am meisten geprägt haben mich meine Eltern, die mir immer gesagt haben, dass ich alles erreichen kann, was ich möchte und mich immer dabei unterstützt haben. Sie haben mir viele Dinge vorgelebt, z.B. in einer neuen Stadt zu beginnen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, offen zu sein und neues kennen zu lernen. Ich hatte somit schon immer Vorbilder in der Familie, die mir gezeigt haben, dass mein viel erreichen kann, dabei aber auch den eigenen Weg gehen muss.“

Gab es frühe (weibliche) Vorbilder?

„Nicht unbedingt. In den Gebieten, die mich interessiert haben, die Naturwissenschaften und Technik, gab es nicht so viele sichtbare Frauen in greifbarer Nähe“

Warum haben Sie sich für ein Studium der Biologie entschieden?

„Mich hat die Naturwissenschaft immer fasziniert. Wie Leben entsteht, wie die Erde organisiert ist, Kreisläufe und Systeme funktionieren– all das hat mich sehr interessiert. Ich war neugierig, wollte Neues lernen und erforschen.

Wie haben Sie das Studium in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit erlebt?

„Ausgewogen, vielleicht sogar mit mehr Frauen als Männern unter den Studierenden. Eine Geschlechterungerechtigkeit habe ich in diesem sehr breitgefächertem Studium nicht erlebt“

Gab es Mentorinnen und Mentoren, die im Laufe Ihrer Karriere wichtig waren?

„Sicherlich habe ich immer wieder interessante Persönlichkeiten auf meinem Weg getroffen, die mich motiviert und inspiriert haben, aber ich habe auch festgestellt: Man muss aktiv seinen Weg gehe und diesen im Gehen gestalten. Dabei sollte man auch nicht zu abwartend sein, sondern z. B. die Gehaltserhöhung oder das Angebot zu einer Fortbildung oder Entwicklung einfordern und nachhalten. Gelegenheiten, die kommen nutzen, auch wenn man noch nicht zu 100 Prozent weiß, wohin die Reise geht oder alle Risiken abwägen kann. Die Welt wartet nicht auf uns. Sagt ja, wenn sich eine Chance auftut und probiert es aus – es gibt mehr zu gewinnen als zu verlieren.“

Was hat Sie bewogen, berufsbegleitend einen MBA zu machen?

„Weil ich in all meinem Wirken stets unternehmerisch wirtschaftlich erfolgreich tätig sein wollte. Nun verantworte ich als Geschäftsführerin die Regionale Energiewende bei den SWM und suche neue Geschäftsmöglichkeiten, treibe die wirtschaftliche Effizienz voran und gestalte aktiv die Zukunft des Konzerns und die Nachhaltigkeit in der Region mit.“

Wie kamen Sie zu den Stadtwerken München?

„Um praktische Erfahrung in der Industrie zu sammeln, habe ich bereits während meines Studiums in einem Biotech Start-up gearbeitet und dort zuletzt die Forschung und Entwicklung geleitet. Ich wollte im Anschluss einen Perspektivwechsel vom Start-Up zum Konzern und eine neue Herausforderung, in der ich meine unternehmerischen und Managementkompetenzen noch stärker ausprägen konnte. Deshalb nahm ich das Angebot der Stadtwerke München (SWM) an und bin in einen Energie- und Mobilitätskonzern mit mehr als 12.000 Mitarbeitenden gewechselt.“

Welche Stationen haben Sie im Unternehmen durchlaufen?

„Ich habe zunächst die Laborbereiche für Trinkwasser und Kraftwerkchemie geleitet und habe mit dieser Funktion auch die sechs geothermischen Anlangen betreut, die zu den Stadtwerken gehören. Mit meinem Analytik Team habe ich mich mit Themen wie Scaling und Thermalwasserzusammensetzung in den Reservoirs auseinandersetzt und damit natürlich die Anlagen an sich sehr gut kennengelernt. Später habe ich den Bereich Technische Qualitätssicherung übernommen und habe mich hier noch tiefer in regenerative und konventionelle Erzeugungsanlagen sowie die Netzinfrastruktur eingearbeitet.“

Seit Juli 2023 sind Sie Geschäftsführerin Regionale Energiewende. Können Sie ausführen, was diese Rolle mit sich bringt? Welche Herausforderungen sind besonders zentral?

„Wir setzen den sehr erfolgreichen Weg der Stadtwerke München im Ausbau der erneuerbaren Energien und Dekarbonisierung der Wärmeversorgung mit starkem Fokus auf die Region München und Bayern fort. Hier ist der Ausbau der Geothermie ganz zentral. Aktuell ist die größte Anlage Kontinentaleuropas auf dem Gelände unseres Michaelibades im Bau. Weitere 10 Anlagen sollen in den nächsten Jahren folgen. Damit habe ich und wir als Unternehmen die Chance aktiv die Zukunft des Konzerns und die Nachhaltigkeit in München und seiner Region mitzugestalten.“

Die SWM sind Vorreiter in Sachen Geothermie. Welches der Projekte finden Sie derzeit besonders spannend?

„Es fällt wirklich schwer, hier nur eines zu nennen. Gegenwärtig ist die Anlage im Michaelibad spannend, es ist die größte innerstädtische Geothermieanlage in Kontinentaleuropa mit vier Dubletten und einem um drei Meter versenkten Bohrkeller, so dass danach die Fläche wieder als Liegewiese des Freibads genutzt werden kann. Wir planen auch, ein Schaukraftwerk daraus zu machen, um Geothermie auch für die Öffentlichkeit anschaulich werden zu lassen. “

Was wünschen Sie sich für die Geothermie?

„Wir müssen den Bekanntheitsgrad der Technologie weiter steigern, wir brauchen eine Fündigkeitsversicherung, damit das Risiko bei Explorationen gesenkt wird.  Wir brauchen Flächen im urbanen Raum und wir müssen an dem Thema Förderung dranbleiben – auch für Betriebskosten der Anlagen und den Ausbau von (Fern)wärmenetzen. Dass in diesem Bereich viel investiert werden muss, lässt sich nicht wegdiskutieren. Außerdem brauchen wir für den Hochlauf der Branche mehr Fachkräfte, eine gute Ausbildung und schlankere Genehmigungsverfahren. Letzten Endes müssen wir all diese relevanten Aspekte zusammenbringen und dafür sorgen, dass sie ineinandergreifen: Technologie, Experten, Finanzen und Politik.“

Ist die Geothermie noch immer eine Männerdomäne? Wenn ja, woran merkt man das?

„Als ich bei den SWM anfing, war ich eine der wenigen Frauen in der Technik und auch eine der wenigen weiblichen Führungskräfte und wurde immer offen empfangen. Aber natürlich hat man anfänglich gemerkt, dass es noch keine Normalität war, als Frau in der Technik und den Anlagen angetroffen zu werden. Ich bin aber immer aktiv auf meine Kollegen zugegangen, habe mich gut integriert und habe damit eine sehr gute Reputation erlangt. Aus meiner Perspektive braucht es noch viele weitere Frauen in der Technik und auch in Führungsrollen, denn gemischte und diverse Teams sind nachweislich erfolgreicher. Es werden mehr Fragen gestellt, es wird mehr diskutiert, die Perspektive gewechselt und das Team schafft so gemeinsam neue Erkenntnisse und gewinnt eine neue Dynamik, die wir dringend bei all unseren großen aktuellen Herausforderungen benötigen. Frauen auf Ihrem Weg zu unterstützen liegt mir persönlich sehr am Herzen. Ich war lange im Vorstand unseres Frauennetzwerks mit mehr als 600 Frauen aus allen Unternehmensbereichen. Mittlerweile bin ich dort Schirmherrin und begleite das Netzwerk weiter. Deshalb auch mein Rat für alle Frauen in technischen Berufen: „Vernetzen Sie sich, seien Sie offen, ergreifen Sie die Initiative und gestalten Sie aktiv Ihren Weg.“

Welche Aspekte der Geothermie genießen zu geringe Aufmerksamkeit?

„Insgesamt Praxisbeispiele der Betreiber, die zeigen, dass Geothermie als Verfahren bereits einen hohen Reifegrad hat und vielseitig eingesetzt wird. Das soll vor allem auch den kleineren Kommunen oder Gemeinden zeigen, wie sie Geothermie in ihrer Wärmeplanung umsetzen können. Denn diese best-practice-Beispiele zeigen, dass es geht. Geothermie ist standardisierbar und multiplizierbar.“

Was machen Sie zur Entspannung?

„Viel Sport: Schwimmen, Tennis, Walking. Dabei kriege ich den Kopf frei. Außerdem reise ich gerne – eines meiner Highlights war eine Reise in den Westen der USA, wo ich den Grand Canyon gesehen habe. Ich war fasziniert davon, dass man von oben, dem sogenannten Rim nach unten schaut, in eine immens große Schlucht. Das war atemberaubende Natur, die ich so noch nie erlebt habe und das hat mich wahnsinnig beeindruckt.“

Welchen Rat hätten Sie gerne früher in Ihrer Karriere gehört?

„Netzwerken, Chancen nutzen, wenn sie sich ergeben, sich bewusst werden ob man eine Fachexperten- oder Führungskarriere anvisiert und dann zugreifen, wenn sich eine dementsprechende Position auftut.“

Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben, wenn es darum geht, sich beruflich zu behaupten?

„Sich damit auseinandersetzen, was sie antreibt, wie schon gesagt, klar werden, ob es eine Fachexperten- oder Führungskarriere werden soll, die Entwicklung in die eigene Hand nehmen und damit die eigene Karriere aktiv planen.“