Diese zweite Bohrung wird in einer seitlichen Ablenkung auf eine Tiefe von gut 1.400 Metern in das Reservoir heruntergebracht. Anschließende Fördertests sollen das geothermische Potenzial hinsichtlich Förderrate und Temperatur des Thermalwassers verlässlich quantifizieren. Diese Daten sind notwendig, um eine mögliche geothermische Wärmegewinnung für Hamburg-Wilhelmsburg zu entwickeln. Die wasserführende Sandsteinschicht ist zirka 45 Millionen Jahre alt und war ursprünglich der Strandbereich der „jungen“ Nordsee.
Michael Pollmann, Staatsrat für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Die Geothermie ist neben Wind und Sonne ein weiterer Baustein für eine erfolgreiche Energiewende. In Wilhelmsburg sind wir bei der ersten Geothermiebohrung in mittlerer Tiefe auf ein ausgesprochen vielversprechendes Thermalwasservorkommen gestoßen, welches Anlass zu der berechtigten Hoffnung gibt, dass wir hier und vielleicht auch an anderen Stellen die Geothermie für die Wärmewende einsetzen können. Dies erfordert jetzt weitere Untersuchungen hinsichtlich der Förderrate und der Temperatur, die wir mithilfe einer zweiten Bohrung vornehmen werden. Diese zweite Stufe des Pilotprojekts für die Förderung von Geothermie in Hamburg wird uns weitere Erkenntnisse über die Potenziale dieser Wärmequelle in unserer Metropole liefern. Wir dürfen insofern hoffen, auch diese Möglichkeiten nutzen zu können, um uns so zügig wie möglich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen.“
Kirsten Fust, Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke GmbH: „Wir konnten mit unserer Erkundungsbohrung erfolgreich nachweisen, dass im Hamburger Untergrund Thermalwässer fließen, die ein Potenzial für die geothermische Wärmegewinnung aufweisen. Damit sind wir unserem Ziel einen großen Schritt nähergekommen, grundlastfähige und lokale Ökowärme für Hamburger Haushalte zu gewinnen. Jetzt gilt es, auch die zweite Bohrung sicher in die Tiefe zu führen und die Ergebnisse der Fördertests abzuwarten.“
Ingo Hannemann, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser: „Mit dem umfangreichen geologischen Know-how, das wir ursprünglich im Rahmen der Trinkwasserversorgung aufgebaut haben und mit unserem Tochterunternehmen CONSULAQUA in das Projekt einbringen, haben wir die Grundlage für die Erforschung der Erdwärme geliefert. Durch die Erschließung unterirdischer Grundwasservorkommen kennen wir den Untergrund gut und wissen, wie er auch für klimaschonende Energielösungen genutzt werden kann. Die projektbegleitende Forschung hat wichtige Erkenntnisse geliefert, die das geologische Bild unter Hamburg weiter vervollständigen und dazu beitragen, seine energetischen Potenziale besser zu nutzen.“
Bei erfolgreichem Fördertest soll später über die zweite Bohrung auch das Thermalwasser gefördert und in einem geschlossenen Kreislauf über die bereits erfolgte erste abgelenkte Bohrung (Injektionsbohrung) wieder in das Reservoir zurückgeleitet werden. Generell ist in einer Tiefe von 1.300 Meter mit einer Thermalwasser-Temperatur in einer Bandbreite von 45-50 Grad Celsius zu rechnen. Für jede Lokation muss jedoch die spezifische Temperatur bestimmt werden, die zusammen mit weiteren Parametern wie der Förderrate das Ökowärmekonzept ausmacht. Das Projektteam arbeitet zurzeit an verschiedenen technischen Lösungen, die auch den Einsatz von Wärmepumpen berücksichtigen. Die Unternehmen sind optimistisch, im Herbst dieses Jahres abschließende Ergebnisse zu präsentieren.
Die Bohrungen werden durch ein umfangreiches wissenschaftliches Forschungsprogramm begleitet, um Erkenntnisse über das geothermische Potenzial im norddeutschen Becken zu gewinnen. Dafür wurden vor allem mehrere Meter lange Gesteinsproben, sogenannte Bohrkerne, in unterschiedlichen Gesteinsschichten entnommen. Diese haben auch gezeigt, dass in Sandsteinschichten in über 3.000 Meter Tiefe keine ausreichenden Thermalwasservorkommen zur geothermischen Nutzung zu erwarten sind. Die Sandsteinschicht in 1.300 Meter Tiefe hat sich am Wilhelmsburger Standort als besonders mächtig erwiesen. Sie wurde daher anhand von Bohrkernen und hydraulischen Tests erstmalig auf ihr geothermisches Potenzial untersucht.
Inga Moeck, Professorin für Geothermie an der Georg-August-Universität Göttingen und Leiterin der Geothermieabteilung am Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik leitet das wissenschaftliche Begleitprogramm mesoTherm: „Auch im 21. Jahrhundert sind noch echte Entdeckungen möglich. So haben wir durch die Bohrung eine neu entdeckte Sandsteinschicht erforscht, die vor 45 Millionen Jahren gebildet wurde und heute sehr gute Eigenschaften für eine geothermische Nutzung zeigt. Mit dem Thermalwasser aus dieser Schicht wollen wir möglichst viele Menschen mit erneuerbarer Wärme versorgen.“
Das Verbundvorhaben mesoTherm wird federführend von der Georg-August-Universität Göttingen, Geowissenschaftliches Zentrum, zusammen mit der Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN) und dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) als assoziiertem Partner durchgeführt und hat das zentrale Ziel zum Erkenntnisgewinn über die geothermischen Reservoire in Norddeutschland und ihrer möglichen energetischen Nutzung beizutragen.
Neben Wind und Sonne ist Geothermie die dritte Säule der erneuerbaren Energien. Sie ist konstant und lokal verfügbar. Gemäß einer Studie des Umweltbundesamtes kann Tiefengeothermie bis zum Jahr 2050 mit 118 Terawattstunden pro Jahr zur klimaneutralen Wärmeversorgung beitragen. 42 Tiefe Geothermie-Anlagen sind in Deutschland mit einer installierten Wärmeleistung von knapp 350 Megawatt in Betrieb. Unter tiefer Geothermie werden hier Anlagen mit einer Bohrtiefe über 400 Meter und einer durchschnittlichen Teufe von 2.500 Meter verstanden
Das Hamburger Geothermieprojekt ist Teil des Reallabors IW3 – Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg, das eine nahezu CO₂-freie Wärmeversorgung von Wilhelmsburger Wohnquartieren anstrebt. Als „Reallabor der Energiewende“, fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Vorhaben mit insgesamt rund 22,5 Millionen Euro, um die Forschung und Entwicklung im Bereich zukunftsweisender Energietechnologien zu unterstützen. Insbesondere das Fündigkeitsrisiko in der Geothermie gilt es durch weitere Erkenntnisse zu schmälern.
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