Der Wärmefluss aus dem Erdinneren liefert grundlegende Einblicke in die geodynamische und tektonische Entwicklung der Erdkruste und bildet die Grundlage für die Bewertung erneuerbarer geothermischer Ressourcen. Nun haben Wissenschaftler:innen des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam GFZ alle verfügbaren Wärmestrom-Daten für Deutschland ausgewertet und qualitätsgeprüft. Es zeigte sich, dass viele Altdaten unsicher sind und daher neue erhoben werden müssen. Die Forschenden haben neue Karten erstellt und aufgezeigt, dass der Wärmestrom im Durchschnitt 20 Prozent höher ist als bisher angenommen. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachmagazin Earth Science Reviews veröffentlicht.
Viele Altdaten unbrauchbar
Die strikte Anwendung grundlegender wissenschaftlicher Kriterien zur Dokumentation und methodischen Qualität schließt die zukünftige Nutzung des Großteils der Altdaten aus und offenbart damit einen hohen Bedarf an der Ermittlung qualitativ hochwertiger Wärmestrom-Daten. Dies sind zwei der Schlussfolgerungen eines soeben in Earth Science Reviews erschienenen Papers eines Teams von GFZ-Wissenschaftler:innen der Sektion Geoenergie.
Neue Datenbank mit allen Wärmestrom-Daten für Deutschland
Die Forschenden haben eine neue Datenbank erstellt, die alle Wärmestrom-Daten für Deutschland enthält. Ihre Arbeit umfasste sowohl die systematische Sichtung aller verfügbaren Messungen seit den 1950er Jahren, als auch die Berücksichtigung von Beobachtungen, die in bisherigen Datensammlungen nicht enthalten waren. Die aktuelle Datenbank umfasst Daten von 595 Standorten, wobei die Autor:innen nur 121 Standorte für die zukünftige Verwendung empfehlen können.
Neue Wärmestrom-Karten
Auf Basis der qualitätsgeprüften Wärmestrom-Daten erstellten die Forschenden neue Wärmestrom-Karten und diskutierten den Zusammenhang zwischen regionalen Veränderungen des Wärmestroms und den geologischen Teilregionen Deutschlands. Die flächengewichtete mittlere Wärmestrom-Dichte Deutschlands liegt mit 78 mW/m² (Milliwatt pro Quadratmeter) rund 20 Prozent höher als in bisherigen Erhebungen bestimmt.
„Die neue Datenbank ist eine deutliche Verbesserung für Exploration des geothermischen Feldes in Deutschland und ein starker Beitrag zur Überarbeitung der europäischen Wärmestrom-Daten im Rahmen des laufenden Global Heat Flow Data Assessment Projekts“, sagt GFZ-Forscher Sven Fuchs, der die vorgestellte Studie geleitet hat und auch als Verwalter der Globalen Wärmestrom-Datenbank der International Heat Flow Commission (IHFC) am GFZ tätig ist. Die verbesserte Datenbank bildet den Kern einer neuen Forschungsdateninfrastruktur, die von GFZ-Wissenschaftler:innen der Sektion Geoenergie sowie den Bibliotheks- und Informationsdiensten im Rahmen des DFG-geförderten World Heat Flow Database Projektes entwickelt wird.
Forschungsbedarf: Wärmefluss-Daten nur sehr lückenhaft in Deutschland
Für viele Regionen Deutschlands fehlen Wärmefluss-Daten, so etwa in Nordwestdeutschland, Nordsachsen, Südbrandenburg und Thüringen sowie in Teilen Bayerns. Für einige dieser Regionen haben die Daten die Qualitätsbewertung nicht bestanden, aber in den meisten Fällen wurden bisher überhaupt keine Wärmestrom-Messungen durchgeführt. Damit fehlt ein wichtiger Parameter zum Verständnis des thermischen Feldes des Untergrundes.
„Angesichts der drastisch gestiegenen Nachfrage, den Untergrund für verschiedene Geoenergie-Anwendungen zu nutzen, müssen wir diese großen Datenlücken in Deutschland möglichst schnell schließen. Diese Bemühungen werden dazu beitragen, unser Bild der geothermischen Ressourcen in Deutschland zu vervollständigen“, sagt Sven Fuchs. Um mögliche Prozesse, die die Wärmestrom-Bestimmung beeinflussen, besser zu verstehen und um neue Wärmestrom-Daten in Regionen ohne Daten bereitzustellen, bereitet das GFZ-Team nun eine neue Wärmestrom-Messkampagne für ganz Deutschland vor. Diese wird es ermöglichen, die Karte weiter auszufüllen und die Analyse des unterirdischen Temperatur- und Wärmestromfeldes zu verstärken.
Quelle: GFZ