»Das Rheinland hat eine reiche Bergbaugeschichte – vom vorgeschichtlichen Erzabbau über frühindustrielle Steinkohlezechen bis hin zum modernen Braunkohletagebau«, erinnert Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG. »Der Wärmebergbau könnte das nächste Kapitel für die Energieregion sein.«
Geothermie nutzt heißes Thermalwasser aus der Tiefe, um etwa Fernwärme und Prozesswärme bereitzustellen. Von klimafreundlicher Energie aus thermalwasserführenden Schichten können viele Anwendungen profitieren, etwa kommunale Wärmenetze, Gewächshäuser oder Chemieindustrie, aber auch Betriebe der Zucker- und Nahrungsmittelherstellung, der Holz- und Papierverarbeitung sowie Metall-, Zement- und Bauindustrie. In den Metropolen München und Paris tragen schon heute Geothermieheizwerke höchst effizient und sicher zur kommunalen Wärmeversorgung bei, in den Niederlanden und Belgien versorgen sie Fernwärmesysteme und Gewächshäuser mit Prozesswärme – nachhaltig, bezahlbar und ohne Rohstoffimporte. Diese Wärmequelle gilt es nun auch für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln.
Allerdings erfordert jedes Heizwerk noch im Detail viele maßgeschneiderte Sonderlösungen in Exploration, Erschließung und Betrieb. Für den flächendeckenden Einsatz braucht es marktgerechte, skalierbare, einfach auf neue Standorte übertragbare Technologien. An seinem künftigen Standort im Eschweiler Stadtteil Weisweiler will das Fraunhofer IEG diese Technologien entwickeln. Es betreibt mit Industriepartnern Anwendungsforschung für die zukünftig benötigte Energieverfahrenstechnik, Bohrlochtechnologien, Exploration und Speicher sowie Georessourcen und wird so zum Möglichmacher der Konversion »vom Kohle- zum Wärmebergbau«.
Ein Meilenstein auf dem Weg ist die Vergabe des dritten Sterns durch die »Zukunftsagentur Rheinisches Revier« für das Projekt »Fraunhofer Reallabor Tiefengeothermie Rheinland«. Ziel ist es, eine große Forschungsinfrastruktur für die Geothermie zu schaffen, die europaweit einmalig ist. Dafür werden nun Projektmittel bei den beiden zuständigen Projektträgern beantragt, damit der Untergrund in der Region in den nächsten vier Jahren großflächig geophysikalisch und bohrtechnisch charakterisiert werden kann.
Dazu möchte das Projekt den Untergrund mehrere Kilometer tief mit Schallwellen erkunden, ähnlich dem Echolot aus der Seefahrt oder dem Ultraschall in der Medizin. Dazu sollen in den nächsten Jahren im Bereich des Aachener Autobahnkreuzes und Eschweiler Messwagen und empfindliche Mikrofone für wenige Wochen in einer sogenannten »Seismischen Exploration« zum Einsatz kommen. Daran anschließend könnten zwei Erkundungstiefbohrungen die thermalwasserführenden Gesteinsschichten in mehreren Kilometern Tiefe für wissenschaftliche Untersuchungen erschließen und wertvolle Daten über Gesteinsarten, Porosität, Wasserdurchlässigkeit und natürlich Wasservorkommen liefern. Alle Daten stehen dann für weitere Projekte der Wissenschaft und auch den regionalen Akteuren der Wirtschaft und Kommunen zur Verfügung. Perspektivisch könnten in einigen Jahren, wenn das Braunkohlekraftwerk Weisweiler vom Netz geht, Kommunen und Unternehmen des südlichen Rheinischen Reviers - nach dem Vorbild von München und Paris – kostengünstig mit heimischer Erdwärme versorgt werden.
Quelle: Fraunhofer IEG