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Mit Geothermie baden gegangen, eine 20 Jährige Erfolgsgeschichte

| News

Die Geothermie in Erding bei München feiert 20. Jähriges Jubiläum. Das Projekt ist eines der Pionierprojekte für nachhaltige Nutzung von Erdwärme. Es ist wirtschaftlich erfolgreich und klimaschonend.

Foto: tookapik

»Wie nutzt man ein über zweitausend Meter tiefes Bohrloch mit heißem Wasser?« Diese Frage stellte sich der damalige 1. Bürgermeister der Stadt Erding im Jahr 1983 als ihm von der Firma Texaco eine nicht-fündige Erdöl/Erdgas Explorationsbohrung angeboten wurde. Nach dem Motto »Schau ma mal!« prüften Stadt und Landkreis Erding in einer Arbeitsgemeinschaft die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen und ökologischen Nutzung des Heißwasservorkommens. Heute stellt die Geothermieanlage eine Gesamtanschlussleistung von 75 Megawatt, also über 20 % des Erdinger Wärmebedarfs zur Verfügung. Damit werden umgerechnet 7.000.000 Liter Heizöl und der Ausstoß von 11.000 Tonnen CO2 eingespart.

Im Jahr 1987 bestätigte der Fördertest die dauerhafte Ergiebigkeit des örtlichen Thermalwasservorkommens mit einer Temperatur von etwa 65 °C. Nach einem Pumpversuch und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für unterschiedliche Nutzungsformen entschlossen sich Stadt und Landkreis Erding, die Bohrung Erding 1 von der Firma Texaco zu übernehmen und geothermisch zu nutzen.

Der Zweckverband Geowärme Erding Die Übernahme der Thermalbohrung war der Beginn für das »Geowärmeprojekt Erding«. Im Jahr 1989 beschlossen Stadt und Landkreis Erding im »Zweckverband Geowärme Erding«, die Erdwärme und das Thermalwasser aus der nun »Ardeoquelle« genannten Bohrung zu gewinnen und wirtschaftlich selbst oder durch Dritte zu verwenden. Dieser Auftrag bedeutete zunächst die Projektentwicklung des Standortes »Sondergebiet Geowärme« direkt an der »Ardeoquelle«. Direkt vor Ort sollte die Wärmezentrale und die Anlagen zur Aufbereitung des Thermalwassers für die Therme als Hauptabnehmer errichtet werden.

Mehrfachnutzung des Thermalwassers Eine zweite Bohrung war nicht vorgesehen. Stattdessen sollte das Thermalwasser mehrfach genutzt werden: 1. thermische Nutzung als Fernwärme 2. stoffliche Nutzung im Thermalbad sowie 3. Nutzung des restlichen Thermalwassers als Trinkwasser. Dieses innovative Nutzungskonzept überzeugte, so dass es von der Europäischen Union aus dem Programm »Thermie« sowie durch den Freistaat Bayern gefördert wurde.

Starke Nachfrage nach Geowärme erfordert ein zweites Heizwerk Das Geothermieprojekt Erding förderte ab der Inbetriebnahme im Jahr 1998 aus der Bohrung Erding 1 bis zu 24 l/sec. Damit konnten der Fernwärmebedarf sowie der Thermalwasserbedarf der Therme gedeckt werden. Aufgrund der starken Nachfrage erweiterte der Zweckverband Geowärme Erding im Jahr 2006 gemeinsam mit der STEAG New Energies GmbH das Erdwärmeprojekt mit einem zweiten Heizwerk. Um die Thermalwasserförderung auf 48 l/sec. erhöhen zu können, war die Niederbringung einer zweiten Tiefbohrung notwendig, in welcher das restliche Thermalwasser wieder in den Untergrund zurückgeführt wird. Mit der von der Unternehmensgruppe WUND errichteten und betriebenen Therme Erding fand man einen geeigneten Großabnehmer für das zur Verfügung stehende Thermalwasser. Die Therme ist der größte Geowärme- und Thermalwasserkunde der Geothermie Erding und mit einer 132.000 Quadratmeter großen Fläche die zwischenzeitlich größte Thermenanlage der Welt.

Wie wird aus Thermalwasser Trink- und Badewasser? Hierfür ist ein mehrstufiges Aufbereitungsverfahren notwendig, in dem das auf 20 °C abgekühlte Thermalwasser im Wesentlichen durch Anreicherung mit Sauerstoff zu Trinkwasser aufbereitet wird. Im ersten Aufbereitungsschritt wird dem Thermalwasser Ozon und Wasserstoffperoxid zugegeben. Beide Stoffe, Ozon wie Peroxid zerfallen zu Sauerstoff bzw. zu Wasser und Sauerstoff. Der im Thermalwasser entstehende Sauerstoff reagiert mit den Inhaltsstoffen des Thermalwassers. Der Schwefelwasserstoff wird dabei zu Sulfat (Gips) oxidiert. In der zweiten Stufe der Aufbereitung wird das Wasser in einem Stripper verrieselt. Dabei wird ein großer Luftstrom in das herabrieselnde Wasser eingeblasen, womit das Thermalwasser von Schwefelwasserstoff- und Methanresten befreit wird. Das gespeicherte Wasser wird dann einer zweistufigen Ozonierung und Filtration über verschiedene Filterkohlen und Filtersande zugeführt. In diesem Aufbereitungsschritt werden insbesondere gelöste Wasserinhaltsstoffe wie Eisen, Mangan und Ammonium oxidiert und mittels Filtration aus dem Thermalwasser entfernt. Das so aufbereitete Thermalwasser hat nun eine Qualität, die weitgehend der Trinkwasserverordnung entspricht. Es wird als Bade- und Duschwasser an die Therme Erding geliefert. Bis 2011 wurde das aufbereitete Thermalwasser nach einer zusätzlichen Sicherheitsstufe, einer Ultrafiltration, erfolgreich in das Trinkwassernetz der Stadt Erding eingespeist. Diese Nutzung wurde zwischenzeitlich eingestellt, um den steigenden Thermalwasserbedarf der Therme decken zu können. Mit der erreichten Wasserqualität und der Jahresmenge von 300.000 Kubikmetern entspricht die Thermalwasseraufbereitungsanlage des Zweckverbands einem kommunalen Wasserwerk für etwa 4.000 Einwohner.

Nochmalige Projekterweiterung notwendig Da die Nachfrage nach Geowärme stetig steigt, wird auch das Versorgungsnetz konsequent ausgebaut. Es entsteht eine der deutschlandweit größten Fernwärmeversorgungen auf Basis geothermischer Tiefenwärme. Die stark prosperierende Therme Erding mit den vielfältigen Erweiterungs- und Ausbauaktivitäten fordert auch von der Thermalwasser– und Geowärmeversorgung entsprechende Kapazitätsanpassungen durch bauliche Erweiterungen. Daher wird in den Jahren 2018/2019 eine Erweiterung des Geothermie-Heizwerkes durch den Einbau einer zweiten Wärmepumpe mit Wärmespeichern sowie eines weiteren Thermalwasserbehälters den gestiegenen Anforderungen Rechnung tragen.

Investitionen und Finanzierung Die Gesamtinvestitionen des Geothermieprojektes Erding lagen bei ca. 45 Mio. € und wurden durch den Eigentümer, den Zweckverband Geowärme Erding, getragen. Seit dem Jahr 2015, also nach einer Betriebszeit von 17 Jahren, verbucht der Zweckverband jährlich beachtliche Gewinne.

Thermische Nutzung - Wie Geowärme in die Heizung kommt Der Weg des Thermalwassers im Kreislauf der Geothermie Erding

  • Durch eine in 230 Metern Tiefe eingebaute Pumpe wird Thermalwasser aus der Förderbohrung ins Heizwerk 1 und über eine Verbindungsleitung auch zum Heizwerk 2 gefördert.
  • In beiden Heizwerken erwärmt das Thermalwasser über einen Wärmetauscher den Fernwärmekreislauf auf ca. 48 °C.
  • Eine Absorptionswärmepumpe entzieht dem Thermalwasser  weitere Wärme und führt diese dem Fernwärmekreislauf zu. Dabei wird das Fernwärmewasser auf etwa 80 °C erwärmt, das Thermalwasser auf 20 °C abgekühlt.
  • In den nachgeschalteten Heißwasserkesseln wird der Fernwärme- vorlauf auf seine endgültige Temperatur von max. 110 °C erhitzt.
  • Das thermisch genutzte, »entwärmte« Thermalwasser wird in den Untergrund zurückgeführt.
  • Eine Vorlaufleitung bringt das Fernwärmewasser zum Kunden.
  • Über eine Rücklaufleitung gelangt das noch 45 °C warme Fernwärmewasser wieder in die beiden Heizwerke, wo der Kreislauf erneut beginnt.

 

Ausschnit aus Geothermische Energe Heft 89. Geschrieben von Alois Gabauer.