Über die Hälfte des Energieverbrauchs entfallen in Deutschland auf den Wärmesektor. Als Rohstoff für die Wärmeversorgung von Wohnhäusern, Büros, Geschäften und Industrie dienen zurzeit hauptsächlich fossile Rohstoffe. Konventionelle Fernwärmenetze besitzen zudem eine hohe Betriebstemperatur und haben somit große Energieverluste vom Ort der Energiegewinnung bis zu den EndabnehmerInnen. Damit die Wärmewende gelingen kann, muss die Versorgung auf erneuerbare Energiequellen, zum Beispiel Geothermie, umgestellt und das Temperaturniveau der Fernwärmenetze gesenkt werden. Mit der Umrüstung von Fernwärmenetzen auf erneuerbare Wärme können ganze Wohnquartiere CO₂-neutral mit Wärme versorgt werden.
Internationales Forschungsteam erarbeitet Handbuch für Niedertemperatur Fernwärmenetze
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Annex TS2 – Implementaion of Low Temperature District Heating Systems“ der Internationalen Energie Agentur (IEA) erarbeiteten Forschende aus sechs Ländern Handlungsempfehlungen für den erfolgreichen Einsatz von Niedertemperatur-Fernwärme. Entstanden ist ein Handbuch, das zeigt, wie neue Netze mit erneuerbarer Wärme etabliert und bestehende Netze auf einen Niedertemperatur-Betrieb umgestellt werden können. Deutlich wird: Die Technologie ist verfügbar, wird bereits erfolgreich eingesetzt und kann je nach den Möglichkeiten vor Ort verschiedene erneuerbare Wärmequellen sowie Abwärme nutzbar machen.
Das internationale Team kam zu dem Ergebnis, das Niedertemperatur Wärmesysteme technisch umsetzbar sind und darüber hinaus effizient betrieben werden können. Die Forschenden rechnen bei einem europaweit verstärkten Ausbau mit Einsparungen von circa 14 Milliarden Euro pro Jahr. „Niedertemperatur-Fernwärme ist eine Schlüsseltechnologie zur effizienten Integration erneuerbarer Energien und Abwärme in unsere Energiesysteme“ sagt Dr. Dietrich Schmidt vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE), das als Projektpartner an „Annex TS2“ beteiligt ist. Weiterhin bemerkt Schmidt: „Die Klimaziele verlangen, den Anteil der Fernwärme an der Heizenergie in Deutschland bis 2030 etwa zu verdoppeln. Wir brauchen daher viele neue Netze.“
Erhöhte Effizienz ohne Komfortverlust
Geothermieanlagen laufen im niedrigen Temperaturbereich in Kombination mit Wärmepumpen deutlich effizienter als fossile Energieträger. Weiterhin geht bei der Wärmeverteilung über Rohrleitungen weniger Energie nach außen verloren und die Belastung der Leitungen wird reduziert. Mit der Wärme aus Niedertemperaturnetzen können EndverbraucherInnen problemlos ihre Wohnräume beheizen. Die Energiekosten fallen bei der Versorgungsoption mit Fernwärme aus Geothermie dabei sogar geringer aus als bei klassischer Fernwärme aus fossilen Brennstoffen.
Erneuerbare Fernwärmenetz kommen heute bereits vielerorts zum Einsatz. Dabei zeigt die Arbeit des Forschungsteams wie Gegebenheiten vor Ort die Planung von Niedertemperatur-Fernwärmenetzen beeinflussen und welche Probleme auftreten können. Allein das Fraunhofer IEE betrachtete europaweit 165 erfolgreich umgesetzte Fernwärmenetze mit Niedertemperaturkreislauf. Davon wurden 15 als Best Practice Projekte ausführlich analysiert und dargestellt. Potenzielle BetreiberInnen von grünen Fernwärmenetzen werden dadurch konkrete Handlungsanweisungen für ein gelungenes Projekt zur Verfügung gestellt. Schlussendlich sparen nicht nur EndverbraucherInnen mit der Nutzung von Niedrigtemperatur-Fernwärmenetzen, auch im Betrieb können die Kosten der Anlagen um bis zu 10 Prozent unter denen konventioneller Hochtemperatur-Netze liegen.
Hier können sie den das Handbuch als pdf downloaden.
Quellen: Energiewende Bauen, Fraunhofer IEE, Canva LegArt