An allen drei Projekten ist das Fraunhofer IEG beteiligt und bringt seine Expertise in Tiefer Geothermie und modernen Wärmenetzen ein. Die drei Konsortien erstellen nun Machbarkeitsanalysen und entwickeln Konzepte, wie Tiefe Geothermie in eine nachhaltige Wärmeversorgung von Bürgern, Landwirtschaft und Industrie eingebunden werden kann.
»Kommunale und industrielle Wärmewende ist die halbe Energiewende. Und die Tiefengeothermie kann einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Wärmeversorgung leisten«, erklärt Professor Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG. »Wir freuen uns, zusammen mit unseren Partnern die Beiträge konkret auszugestalten und in die lokalen Wärmeversorgungskonzepte zu integrieren.«
Wirtschafts- und Energieminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: »Wir bringen die Wärmewende in Nordrhein-Westfalen weiter voran. Die Tiefengeothermie bietet hierbei große Potenziale, die wir stärker nutzen wollen. Ich freue mich sehr über das große Interesse am Wettbewerb und die qualitativ hochwertigen Bewerbungen aus allen Teilen des Landes. Das zeigt: Die Kommunen sind ein verlässlicher Partner, wenn es darum geht, die klimafreundliche Wärmeversorgung vor Ort voranzutreiben und die Tiefengeothermie in der Fläche nutzbar zu machen.«
Alle drei nun ausgewählten Konsortien wollen Wärme aus dem Untergrund erschließen, unterscheiden sich jedoch in den möglichen Wärmeanwendungen:
Die Ballungszentren Düsseldorf und Duisburg verfügen über große fossile Fernwärmenetze, für deren Umbau sie nun klimafreundliche Wärmequellen wie die Geothermie erschließen wollen. Das Projekt charakterisiert zunächst den Untergrund auf Basis vorhandener Daten und plant darauf aufbauend ein Erkundungsprogramm, um die Datenlücken zu schließen. Schwerpunkte im Raum Düsseldorf bilden der Düsseldorfer Flughafen und weitere Fernwärme-Einspeisepunkte. Ebenso entwickelt das Fraunhofer IEG Lösungen für die Anbindung neuer Wärmequellen an bestehende Netze. Vielversprechende thermalwasserführende geologische Schichten aus Kalkstein tauchen von einigen hundert Metern tief in Düsseldorf bis über 4.000 Metern tief unter Duisburg ab. Das IEG prüft zudem auch die Nutzung von warmem Grubenwasser in stillgelegten Zechen. Im Projekt könnte daher die ganze Bandbreite technischer Anwendungen für die kommunale und industrielle Wärmeversorgung möglich sein und es würde damit Pilotcharakter für die gesamte Metropole Rhein-Ruhr bekommen.
Die Gartenbauwirtschaft in der Stadt Straelen am Niederrhein befindet sich im Wandel. Der erhöhten Nachfrage nach regional produzierten Produkten steht ein zunehmender Kostendruck für die Wärmeversorgung von Gewächshäusern gegenüber. Erfolgreiche Geothermie-Beispiele in den benachbarten Niederlanden zeigen, dass nachhaltige und bezahlbare Lösung der Wärmeversorgung den Standort sichern kann. Günstige Gesteinsschichten für die Wärmeversorgung der Landwirtschaft in Straelen liegen in 500 bzw. 1500 Meter Tiefe, je nachdem, auf welche lokale geologische Struktur man zielt.
Die Stadt Düren und die Gemeinde Kreuzau wollen prüfen, wie eine „Geothermische Wärmepipeline“ die Industrien mit hohem Wärmebedarf bei 120 Grad Celsius, also die vielen regionalen Papierfabriken und metallverarbeitende Betriebe, verbinden kann. Die rücklaufende Wärme möchte man nutzen, um Fernwärmekunden mit Temperaturen von 80 bzw. 40 Grad Celsius zu versorgen. Industrien, die bisher Braunkohle aus dem nahen Tagebau verwenden, könnten in Zukunft mit über 150 Grad heißem Thermalwasser aus geologischen Strukturen in 4.000 Meter Tiefe unter Düren versorgt werden. Ggf. ließen sich auch aussichtsreiche geologische Schichten im Bereich des geplanten Fraunhofer-Forschungskraftwerks im Nachbarort Weisweiler nutzen.
Vom Wettbewerb zum Runden Tisch
Die Nutzung der Tiefen Geothermie hat großes Potenzial in Nordrhein-Westfalen. Klimaschutz und Energiewende machen es erforderlich, alle Formen von Erneuerbaren Energien in den Blick zu nehmen. Aktuell werden die Nah- und Fernwärmenetze Nordrhein-Westfalens fast ausschließlich aus fossilen Energiequellen versorgt. Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG bringt mit ihrer Expertise die Forschung im Zusammenhang mit der Geothermie und mit Wärmenetzen voran und gibt Impulse zur Anwendung der Technologie.
Die drei nun ausgewählten Projekte bereiten den Weg für weitere Kommunen, die Tiefe Geothermie für eine nachhaltige Wärmeversorgung erschließen wollen. Den Impuls des Wettbewerbs will Fraunhofer IEG zudem auch in Zusammenarbeit mit den Kommunen weitertragen, die im Rahmen des Landeswettbewerbs nicht zum Zuge gekommen sind. »Ich habe viele exzellente Ideen gesehen«, freut sich Bracke über die Qualität des Wettbewerbs. »Da lohnt es sich, die Gespräche mit Kommunen und Industrie weiterzuführen.« Städte wie Aachen, Mönchengladbach, Kempen, Bochum, Münster oder Siegen haben ähnlich günstige geologische oder energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen wie die Wettbewerbssieger. Daher möchte Bracke einen »Runden Tisch Tiefengeothermie.NRW« einrichten, damit Kommunen, Stadtwerke und wärmeintensive Unternehmen eine gemeinsame Lernkurve aufbauen, ihre Erfahrungen austauschen können und erfolgreiche Ideen schnell Nachahmung finden. »Neben Strategien zur geologischen Untergrunderkundung geht es um Fragen der Netzintegration, der Kommunikation und Akzeptanzvermittlung, der Förderungsmöglichkeiten und des Projektmanagements für kommunale Tiefengeothermie-Vorhaben.«
Mit dem Wettbewerb »Wärme aus Tiefengeothermie für NRW« unterstützt die Landesregierung die Erschließung tiefengeothermischer Potenziale in Nordrhein-Westfalen in drei Projekten mit jeweils bis zu 500.000 Euro. Angesprochen waren Kommunen oder Zusammenschlüsse von Kommunen, die im Konsortium mit lokalen Energieversorgern, Industrieunternehmen und nordrhein-westfälischen Forschungseinrichtungen die Integration der Tiefengeothermie in die kommunale Energieversorgung im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersuchen möchten. Alle eingegangenen Bewerbungen wurden von einer unabhängigen Fachjury, bestehend aus externen Gutachterinnen und Gutachtern sowie Vertreterinnen und Vertretern des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE), bewertet.
Quelle: Fraunhofer IEG