Zum 1. Juni 2024 wurde das Verbundvorhaben AGENS „Demonstration eines adaptiven, multilateralen Lagerstättenaufschlusses für geothermische Energie zur Seismizitäts- und Kostenmitigation im Oberrheingraben“ mit einer Fördersumme von insgesamt 44,4 Mio. Euro über eine Projektlaufzeit von fünf Jahren bewilligt. Zuwendungsgeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Die geopfalz GmbH & Co. KG (geopfalz), eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Speyer GmbH und der Stadt Schifferstadt, wird als Verbundkoordinator für die Bewilligung des Teilvorhabens „Lagerstättenaufschluss und -evaluation mit begleitender Kommunikation und Wirtschaftlichkeitsanalyse“ eine anteilige Förderung von ca. 24,3 Mio. Euro erhalten. Die verbleibenden Fördermittel in Höhe von ca. 20,1 Mio. Euro gehen an die weiteren Projektpartner. Die geopfalz wird in diesem Teilvorhaben die erste tiefengeothermische Dublette, einen Grundbaustein zur geothermischen Wärmeversorgung, für das interkommunale Geothermieprojekt „Rhein-Pfalz“ erstellen. Ziel ist die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Speyer und Schifferstadt. Diese Arbeiten werden mit intensiven kommunikativen Maßnahmen und Studien zu wirtschaftlichen Aspekten begleitet.
Das wesentliche Ziel des beantragten Pilot- und Demonstrationsvorhabens AGENS besteht darin, eine innovative Strategie zur Erschließung einer typischen geothermischen Lagerstätte im Oberrheingraben in der Region Speyer und Schifferstadt umzusetzen. Hierdurch sollen sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die öffentliche Akzeptanz derartiger Projekte verbessert werden. Das Verbundprojekt AGENS soll aufzeigen, dass durch eine zukunftsweisende Aufschlusstechnik, bei der von einer Hauptbohrung aus mehrere Seitenbohrungen durchgeführt werden, das Reservoir so geomechanisch und hydraulisch optimiert erschlossen werden kann, dass die Risiken induzierter Seismizität reduziert und die Produktivität des Reservoirs gesteigert werden können.
Das Vorhaben AGENS ist ein interdisziplinäres Verbundprojekt, an dem die geopfalz, das Institut für geothermisches Ressourcenmanagement in der ITB gGmbH, die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, die Ruhr-Universität Bochum, die geomecon GmbH und die Technische Universität Bergakademie Freiberg beteiligt sind. Des Weiteren ist die Geo-Energie Suisse AG als assoziierter Partner am Vorhaben AGENS beteiligt und soll darüber hinaus, finanziert durch das schweizerische Bundesamt für Energie (BFE), eigene Forschungsarbeiten durchführen.
Neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Verbundforschungsvorhaben AGENS im Rahmen des Ergänzungsprojekts LISAGENS mit einem Fördervolumen von zusätzlich ca. 1,8 Mio. Euro, welches Fragen zur Grundlagenforschung adressiert.
Programm/ Zuschussgeber | BMWK |
Akronym | AGENS |
Titel/ Thema | Demonstration eines adaptiven, multilateralen Lagerstättenaufschlusses für geothermische Energie zur Seismizitäts- und Kostenmitigation im Oberrheingraben |
Identifikation/ Zuwendungsnummer | 03EXP4006 |
Durchführungszeitraum | 2024-06-01 2029-05-31 |
Geschätzte Kosten/ Zuwendungsbetrag | 44.400.000 € |
Sonstiges | - |
Im Verbundprojekt AGENS soll demonstriert werden, dass durch einen multilateralen Aufschluss eines störungsdominierten geothermischen Reservoirs im Oberrheingraben die Wirtschaftlichkeit des Betriebs eines Geothermiekraftwerks optimiert und gleichzeitig das Risiko induzierter Seismizität minimiert werden kann. Ziel dieses Teilprojekts ist es, eine tiefengeothermische Dublette zu erstellen, die Lagerstätte zu evaluieren sowie diesen Prozess kommunikativ und mit einer Wirtschaftlichkeitsanalyse zu begleiten. Hauptfokus ist dabei die Erstellung der Dublette mit zwei Haupt- und insgesamt vier Lateralbohrungen. Dies schließt, neben den eigentlichen Bohr- und Testarbeiten, umfangreiche Planungs-, Koordinations- und Überwachungsarbeiten ein, insbesondere die konzeptionelle und detaillierte Bohrplanung,
Ausschreibungs- und Beschaffungsmaßnahmen sowie Genehmigungsprozesse. Die Festlegung der Bohrziele und die Geometrie der Bohrungen wird durch geologische, geomechanische sowie produktionstechnische Aspekte bedingt und berücksichtigt darüber hinaus als integrale Komponente die Ergebnisse der seismischen Risikobeurteilung. Durch einen von intensivem Monitoring (siehe andere Teilvorhaben) begleiteten Evaluationsbetrieb dieser Dublette soll verifiziert werden, dass mittels des im Projekt umgesetzten Aufschluss- und Monitoringkonzepts die Seismizität auf dem geplanten minimalen Niveau gehalten und gleichzeitig die für den wirtschaftlichen Betrieb notwendigen Fließraten erreicht werden können. Die Wirtschaftlichkeitsanalyse soll sicherstellen, dass das Projekt, gemessen an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, langfristig wirtschaftlich ist. Wirtschaftliche Auswirkungen von Erschließungsvarianten sollen bereits in der Konzeptionsphase beurteilt werden und in die Optimierung des Aufschlusskonzepts einfließen. Durch Öffentlichkeitsarbeit und Stakeholder Engagement soll eine möglichst breite Akzeptanz des Projekts bei Interessengruppen und in der Bevölkerung erreicht werden.
Institut für Geothermisches Ressourcenmanagement im Institut für Innovation Transfer und Beratung gGmbH, Ziele des Teilprojekts im Rahmen des Verbundvorhabens AGENS sind zum einen die Entwicklung und Anwendung neuer Ansätze zur seismologischen Überwachung geothermischer Reservoire und zum anderen die Nutzung Thermo-Hydro-Mechanischer Simulationen induzierter Seismizität zur Optimierung der Bohrzielanordnung innerhalb eines geothermischen Reservoirs. Für die seismische Überwachung des Geothermie Standorts Speyer wird das bestehende Oberflächenarray (Pfalzarray) im Pfälzer Wald bei Landau weiterbetrieben und zusätzlich im Raum Neustadt an der Weinstraße räumlich erweitert. Durch die verringerte Distanz zu Speyer und die vergrößerte azimutale Abdeckung soll das Detektionsvermögen für induzierte Seismizität erhöht und die Qualität der Bestimmung des Epizentrums verbessert werden. Im Weiteren sollen von Projektpartnern bereitgestellte Daten von Vertikalarrays in die Auswertung integriert und auf diese Weise die Sensitivität zu sehr schwacher Mikroseismizität erhöht und die Bestimmung der Tiefenlage von induzierten Ereignissen optimiert werden. Die Ergebnisse können gemeinsam mit dem geologischen Modell interpretiert und zur Identifizierung von aktiven Störungszonen verwendet werden. Zur Optimierung der Bohrzielanordnung innerhalb eines geothermischen Reservoirs soll ein bestehender Ansatz zur Simulation induzierter Seismizität auf Basis der Kopplung eines Thermo-Hydro-Mechanischen (THM) Reservoirmodells mit einem dynamischen Störungsmodell angepasst und als Vorwärtsmodell in einen stochastischen Optimierungsalgorithmus integriert und das Verfahren auf den Standort Speyer angewendet werden. Die dazu notwendigen Eingangsdaten und Randbedingungen sowie Begrenzungen des zu untersuchenden Parameterraums werden von den Verbundpartnern bereitgestellt. Zusätzlich zu den konkreten Anwendungen sollen Simulationen auf Basis generischer Modelle durchgeführt werden, um ein genaueres Verständnis der Unsicherheiten der seismischen Risikoprognosen zu gewinnen.
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main - FB 11 Geowissenschaften/Geographie - Institut für Geowissenschaften - Facheinheit Geophysik - AG Seismologie, Ein zentrales Teilvorhaben dieses umfassenden Projekts ist das 'Seismische Monitoring tiefengeothermischer Anlagen mittels hochauflösender vertikaler Glasfaser- und Geophonarrays'. Dieses Teilvorhaben widmet sich der Entwicklung und Implementierung fortschrittlicher Überwachungstechnologien, um eine präzise und kontinuierliche Überwachung der seismischen Aktivitäten im Bereich geothermischer Anlagen zu ermöglichen. Durch den Einsatz hochauflösender vertikaler Glasfaser- (Distributed Acoustic Sensing, DAS) und Geophonarrays können seismische Ereignisse mit einer bisher unerreichten Detailgenauigkeit erfasst und analysiert werden. Diese technologische Innovation ermöglicht eine tiefgreifende Untersuchung der seismischen Dynamik geothermischer Reservoirs und trägt dazu bei, das Verständnis der Prozesse zu verbessern, die zu induzierter Seismizität führen. Das Hauptziel des Teilvorhabens ist es, durch die verbesserte seismische Überwachung die Sicherheit geothermischer Anlagen zu erhöhen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur zur Minimierung des Risikos seismischer Ereignisse beitragen, sondern auch die Effizienz der geothermischen Energiegewinnung steigern und so zur nachhaltigen Nutzung geothermischer Ressourcen im Oberrheingraben beitragen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und lokalen Akteuren trägt das Projekt dazu bei, die Akzeptanz und das Vertrauen in die geothermische Energie als wichtigen Bestandteil der Energieversorgung der Zukunft zu stärken.
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau in Landau Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik (IKM), In diesem Teilvorhaben wird in der Projektregion (Oberrheingraben, Speyer/Schifferstadt) begleitend untersucht, wie Geothermie im Allgemeinen und der im Projekt AGENS angestrebte multilaterale Lagerstättenaufschluss individuell und öffentlich wahrgenommen wird. Insbesondere soll untersucht werden, ob und inwiefern sich die angenommenen Potentiale für die soziale Akzeptanz von Geothermieprojekten im Oberrheingraben im Projektverlauf tatsächlich zeigen. Darüber hinaus werden die Informationsbedürfnisse der Bevölkerung und die Dynamiken in der öffentlichen Debatte untersucht.
Ruhr-Universität Bochum - Fakultät für Geowissenschaften - Arbeitsgruppe Ingenieurgeologie und Felsmechanik. Im Teilprojekt otiumAgens stehen dabei die geologisch-geomechanische Modellbildung, die Erstellung von Monitoringlaterals und die Messung der Druck- und Temperaturevolution im Betrieb im Mittelpunkt. Aufbauend auf laborgestützter Parameterbestimmung für die typischen Gesteine und die flächen- sowie detailkartierungs- und bohrlochtelevierbasierte Charakterisierung des Trennflächeninventars wird der Fels im Reservoir modelliert. Durch eine Kombination aus step-rate und extended leck-off Tests sowie hydraulischen in-situ Spannungsmessungen und kernbasierten Spannungstensorinversionen wird ein Spannungsmodell des Reservoirs inkl. der Störungen und Deckschichten erstellt. Die Monitoringlaterals stehen für die Aufnahme von Messtechnik zur Dokumentation der akustischen Emissionen und Temperatur im Betrieb zur Verfügung. Hochaufgelöste Druckmessungen in der Produktionsbohrung dokumentieren etwaige Druckänderungen, welche sich mit dem geomechanischen Systemverhalten korrelieren lassen.
geomecon GmbH. Das vorgeschlagene Verbundprojekt AGENS soll demonstrieren, dass es durch einen multilateralen Aufschluss einer typischen störungsdominierten Lagerstätte im Oberrheingraben möglich ist, einen deutlichen Beitrag sowohl zur Mitigation des seismischen Risikos als auch zur Verbesserung der Reservoirproduktivität und damit zur Überwindung beider Haupthindernisse, Kosten und öffentliche Akzeptanz, zu leisten.
Technische Universität Bergakademie Freiberg - Fakultät für Geowissenschaften, Geotechnik und Bergbau - Institut für Bohrtechnik und Fluidbergbau. Inhalt dieses Teilvorhabens 'Laborative und numerische Untersuchungen im bohrlochnahen Bereich (Kopplung der Geomechanik und Geochemie im bohrlochnahen Bereich mit der Geoströmung)' ist einerseits wissenschaftliche Bohrbegleitung bei der, angefangen von der Planung über die Ausführung bis hin zur Dokumentation, die TUBAF beratend zur Seite steht. Darüber hinaus wird ein neuartiges Konzept zur Zuflusscharakterisierung entwickelt und erprobt sowie das TAML-Konzept für die Geothermie weiterentwickelt. Im laborativen Teil des Vorhabens wird die von den Servicefirmen ausgewählte Bohrspülung hinsichtlich ihres Schädigungspotentials für die Zielformation in einer HP/HT Versuchsanlage untersucht. Im AP Numerische Simulationen werden insbesondere die Strömungsbedingungen im bohrlochnahen Bereich und in der Bohrung mit dem Ziel simuliert, Empfehlungen für eine formationsschonende und wirtschaftliche Produktion der Lagerstätte geben zu können.
Speyer, Schifferstadt
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https://www.geopfalz.de/de/Startseite/News/Geothermie-24-Mio.-Euro-Foerdermittel_4809.html
zuletzt bearbeitet Juni 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de