Größere öffentlich sichtbare Projekte können heute kaum mehr durchgeführt werden ohne eine öffentlich Akzeptanz. Die erforderliche Akzeptanzdiskussion wird häufig zwischen Planern/Betreibern, Bürgerinitiativen und der lokalen und überregionalen Politik geführt. Bei diesen Diskussionen stehen zwar immer naturwissenschaftliche oder technische Erkenntnisse (Fakten) im Vordergrund, jedoch werden diese oft einerseits durch wirtschaftliche Interessen, andererseits durch ideologische Vorbehalte überprägt.
Eine zentrale Rolle beim Interessenausgleich spielt die Kommunikation. Diese kann jedoch, auch wenn sie intensiv betrieben wird, an mehreren Punkten scheitern. Neben dem schwierigen Verständnis einer Fachsprache (Einstein: Komplizierte Dinge zeichnen sich u.A. dadurch aus, dass sie kompliziert sind) spielt oft das Fehlen gegenseitigen Vertrauens eine Rolle. Fehlt dieses ganz und wird die Gegenseite grundsätzlich der Lüge (fake news) bezichtigt, wird die Diskussion scheitern.
Eine wesentliche, auch sozio-psychologische Rolle spielt in diesem Diskurs die Semantik oder heute, das 'framing'. Es ist ein Unterschied, ob man ein seismisches Ereignis, als Erschütterung oder als Erdbeben bezeichnet. Gegner werden Einwirkungen grundsätlich auf schwangere Frauen oder Kinder beziehen, weil dies Schutzinstinkte auslöst ("bei mir ist das Kinder-Etagenbett aus der Wand gerissen worden, was hätte da passieren können"). Unter den Sachgütern ist immer wieder Trinkwasser (als höchstes Gut) ein beliebtes Argument. Es ist ein Unterschied, ob man von Stimulation oder von Fracking spricht, da Fracking ideologisch öffentlich, fast als Inkarnation des Bösen, geächtet ist.
Akzeptanz in der Energiewende ist heute auch ein Forschungsgegenstand, insbesondere der Soziopsychologie.
Obwohl Geothermie noch keinen größeren Unfall oder ein Ereignis mit Toten zu verantworten hat, weder Wasser noch Luft verschmutzt, noch CO2 emittiert gibt es auch um die Geothermie eine Akzeptanzdiskussion und einige gezielt gegen Geothermie arbeitende Bürgerinitiativen. Unter den etwa 400.000 Anlagen der Oberflächennahen Geothermie gibt es nur etwa 10, die technische Probleme hatten, darunter nur ein Staufen mit erheblichen Sachschäden. In den Medien gibt es aber nur Staufen. Bilder von Staufen werden in ganz anderm Zusammenhang benutzt. Das Karlsruher Institut für Technologie beziffert das Risiko bei der Oberflächennahen Geothermie mit 0,02%.
Der Hauptwettbewerber zu Geothermie im Heizungsmarkt ist das Erdgas. Es führt zu etwa 10 Explosionen im Jahr mit völlig zertörten Häusern und zu etwa 500 Toten durch CO-Vergiftungen. Dies ist gesellschaftlich akzeptiert und wird nicht als Bedrohung gesehen.
In der Tiefengeothermie werden immer wieder Erdbeben angeführt, obgleich die Tiefengeothermie in Deutschland noch nie zu einem gerichtlich anerkannten (auch nur kosmetischen) Gebäudeschäden geführt hat.
Dennoch ist auch in Geothermie eine versachtlichte ausführliche Kommunikation die einzige sichtbare Möglichkeit zu einer Annäherung.
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