Die Bohrspülung hat mehrere Aufgaben. Sie soll das Bohrwerkzeug kühlen, die Bohrklein (Cuttings) austragen helfen, das Bohrloch stabilisieren und vieles mehr.
Als Bohrspülungen werden alle während eines Bohrvorganges im Bohrloch zirkulierenden Fluide bezeichnet. Früher wurde meistens Wasser als Bohrspülung verwendet. Erhöhte Anforderungen
an die Bohrspülung haben dazu geführt, dass die Spülungstechnik heutzutage eine Wissenschaft ist. Sie spielt für den Erfolg oder Misserfolg einer Bohrung eine Schlüsselrolle, denn sie beträgt durchschnittlich 8-10% der gesamten Bohrkosten.
Laut H.-O. Buja erfüllt die Bohrspülung unter anderem folgende Aufgaben
Einige der genannten Punkte stellen teilweise sich widersprechende Eigenschaften der Bohrspülung in Anspruch. Beispielsweise wird für die Erfüllung von Punkt 3 eine hohe Viskosität benötigt, um die Bohrteilchen in Schwebe zu halten, während die Punkte 1 und 2 eine eher niedrigere Viskosität erfordern, um die Cuttings möglichst effektiv von der Bohrsohle zu entfernen. Moderne Bohrspülungen, wie bspw. Polymerspülungen oder Tonsuspensionen, sind größtenteils in der Lage, diese sich scheinbar widersprechenden Eigenschaften zu erfüllen (Buja, 2014).
Im Folgenden werden die oben genannten Eigenschaften detaillierter erläutert.
Zu 1. & 2.: Die Bohrspülung tritt bei direkten Spülungssystemen i.d.R. durch Düsen aus, die am Bohrwerkzeug angebracht sind. Dadurch wird eine Querspülung an der Bohrlochsohle erzeugt, welche die Cuttings über den zwischen Bohrstrang und Bohrlochwand liegenden Ringraum nach oben transportiert (Buja, 2014). Das Entfernen der Cuttings ist eine der wichtigsten Aufgaben und sollte so effizient wie möglich ausgeführt werden, damit keine für den Bohrfortschritt ineffiziente Nachzerkleinerung stattfindet. Dafür sollte die Fließgeschwindigkeit möglichst hoch sein, was durch den Einsatz von Düsen erreicht wird, und die Viskosität möglichst niedrig (Buja, 2014).
Übertage wird die Spülung an einem Aufbereitungs- und Feststoffkontrollsystem aufbereitet. In speziellen Tanks werden die entsprechenden Zuschlagsstoffe hinzugegeben, bevor die Bohrspülung wieder in den Bohrstrang geleitet wird. Bei indirekten Spülungssystemen wird die Bohrspülung über den Ringraum eingelassen und transportiert die Cuttings über einen Bohrstrang nach oben. Bohrspülungen sind
die wichtigste Voraussetzung für eine kontinuierlich ausführbare Rotarybohrung, weil das Bohrklein kontinuierlich aus dem Bohrloch abgeführt wird (Buja, 2014).
Zu 3.: Falls die Spülungszirkulation unterbrochen wird, soll die Bohrspülung Feststoffe, insbesondere die Cuttings, in Schwebe halten, um ein Sedimentieren des Bohrlochs zu verhindern. Es wurde in der Praxis beobachtet, dass sich die sedimentierten Cuttings relativ schnell verfestigen, sodass sie durch Aufspülen nicht mehr gelöst werden können. Dies kann zu einem erhöhten Zeitaufwand, erhöhten Kosten und sogar einem festsitzenden Bohrwerkzeug führen. Neben einer hohen Viskosität soll die Bohrspülung ebenfalls thixotropische Eigenschaften besitzen, also im Stillstand eher einem Gel ähneln. Man spricht von einer Gel-Sol-Umwandlung (Buja, 2014, S.460).
Zu 4.: Der von der Dichte der Spülung abhängige hydrostatische Druck soll stets größer als der gegenwärtige Porenwasserdruck sein, um das Eindringen von Medien aus der durchteuften Formation in das Bohrloch zu verhindern. Die Abschätzung des Porenwasserdruckes ist jedoch nicht trivial und oft mit Unsicherheiten behaftet. Außerdem darf das Spülgewicht nicht beliebig groß gewählt werden, da es sonst Auswirkungen auf die Bohrlochstabilität geben könnte (Buja, 2014, S.461).
Zu 5.: Die Druckdifferenz zwischen Porenwasser und Bohrspülung verursacht einen Filtrationsprozess an der Bohrlochwand, der von der Porosität und Permeabilität der vorliegenden Gesteinsformation abhängig ist (Buja, 2014). Je nach Richtung des Potentialgefälles kann die Bohrspülung in die Formation eindringen. Durch die Filtrationswirkung des Gesteins wird dieser Prozess relativ schnell gestoppt, als Folge bildet sich der sog. innere Filterkuchen, der durch die Spülungskomponente „Tonteilchen“ gebildet wird. Dieser Filterkuchen ist durchaus erwünscht. Die sich glatte und geschmeidige gebildete Schicht behindert nicht die Bewegung des Bohrstrangs. Ferner wird das Risiko des Festwerdens des Stranges durch Differenzdruck (Differential Sticking) erheblich reduziert. In Formationen mit geringer Porosität,
wie bspw. Steinsalz, ist eine Bildung des Filterkuchens nicht möglich (Buja, 2014).
Zu 6.: Die durch den Bohrvorgang verursachte Reibungswärme auf der Bohrsohle soll von der Spülung abtransportiert werden, um ein Heißlaufen des Bohrwerkzeuges zu verhindern und somit die Standzeit zu erhöhen (Buja, 2014).
Bentonite sind der Hauptbestandteil der Spülungstone. Es handelt sich um plättchenförmige, ca. 0, 9μm dicke Minerale, die quellfähig sind und generell als Verbund von ca. 1000 Teilchen mit einer Dicke von 1 − 2mm in der Suspension vorliegen. Sie besitzen Sol-Gel-Eigenschaften: Bei Ruhestand findet eine Gelbildung statt und bei einem Einfluss äußerer Kräfte (Pumpendruck) entsteht eine Fließbewegung (vgl. Abb. 6.1). Die von außen zugeführte Energie muss demnach größer sein als die elektromagnetischen Anziehungskräfte der einzelnen Partikel. Sie tragen ebenfalls zur Bohrlochstabilisierung bei, indem sie sich an den Porenzwischenräumen der Bohrlochwand anlagern und diese durch Quellen verschließen, es bildet sich ein Filterkuchen (Buja, 2014).
Als Flüssige Phase wird i.d.R. Wasser verwendet. Werden bohrlochtechnische Probleme (z.B. Salzformationen und Laugungseffekte) erwartet, kann je nach Rahmenbedingungen auf Salzwasser oder Öl umgestellt werden (Buja, 2014).
Polymere sind lange, kettenförmige Moleküle. Mit Hilfe der Konzentration der Polymere können die Fließeigenschaften der Spülung reguliert werden. Grundsätzlich werden sie zur Viskositätssteigerung und als Schutzkolloide gegen schädliche Elektrolyteinflüsse beim Durchteufen von Salzformationen oder Laugeneinflüssen eingesetzt (Buja, 2014).
Zuschlagsstoffe werden einer Spülung neben Ton und Polymeren zugesetzt, um weitere Eigenschaften der Spülung zu regulieren. Man unterscheidet zwischen Beschwerungsmittel (s. Betonite), viskositätsregulierende Stoffe, oberflächenaktive Stoffe, Verstopfungsmittel und pH-Wert regulierende Stoffe (Buja, 2014).
In der Tiefengeothermie werden in der Regel Bohrspülungen auf Wasserbasis eingesetzt. Daneben gibt es jedoch auch für spezielle Einsatzbedingungen Ölbasierte Bohrspülungen oder Bohrspülungen auf Schaum-Basis.
Das Thema Bohrspülung ist in jedem Fall sehr komplex und erfordert Spezialisten. Spülungsunternehmen liefern die Materialien, die der Bohrspülung zugesetzt werden. Ein Spülungsingenieur überwacht den Betrieb. Die Art und Zusammensetzung der Spülung sind auch vom Gebirge, das durchteuft werden soll, abhängig. Ton-Wasser-Suspensionen werden im oberflächennahen Bereich häufig zum Schutz des Grundwassers verwendet und im „Top Hole“ wegen guter Bohrfortschritte bei geringer Spülungsdichte. Bei höher permeablen Formationen werden Polymere zugegeben, damit sich die Tragfähigkeit (Viskosität) der Bohrspülung erhöht oder eine gute Abdichtung zur Formation durch den Filterkuchen aufgebaut werden kann. In druckstarken Formationen werden Spülungen mit Schwerspat beschwert. Die Spülung wird über Tage gereinigt, bevor sie nach einer Konditionierung erneut im Bohrloch eingesetzt wird.
Letzlich sind Bohrspülungen ordnungsgemäß zu entsorgen.
Eine weitere wichtige Eigenschaft der Spülung ist das Übertragen von Signalen und Messwerten in Form von Druckimpulsen (MWD - Measurement While Drilling). Das sog. Mudlogging-Unternehmen zeichnet wichtige Parameter wie Bohrfortschritt, aktuelle Tiefe, Gewicht auf der Bohrkrone, Drehmoment, Umdrehungszahl, Spülungsgewicht, Spülungsdurchfluss u. a. auf.
Die Bedeutung der Bohrspülungen für das einwandfreie Abteufen einer Tiefbohrung wird besonders deutlich, wenn man sich das Verhältnis der Tiefe eines Bohrloches zu seinem Durchmesser vor Augen hält, das oft mehr als 10.000 : 1 beträgt. Bohrlochsstrecken von 2.000 m und mehr werden häufig in einem Abschnitt, d.h. unverrohrt abgebohrt. Dabei können Gesteinsarten sehr unterschiedlicher Beschaffenheit wie plastische Tone, harter Kalkstein, Sandsteine, Salze u. a. gleichzeitig offen anstehen. Für jede Gesteinsart mag es eine optimale Bohrspülung geben, deren Anforderungen leicht zu erfüllen wären. Sollen jedoch aus wirtschaftlichen Gründen möglichst wenig Futterrohrtouren eingebracht werden, so müssen lange Strecken recht unterschiedlichen Gebirges unverrohrt gebohrt werden, die auch bei einem zweckmäßig gewählten Verrohrungsprogramm an die Bohrspülung noch so vielfältige Anforderungen stellen, daß diese aus physikalischen und chemischen Gründen nicht alle gleichzeitig erfüllbar sind. Es werden dann Kompromißentscheidungen nötig, die Risiken beim Abteufen einschließen, Zugeständnisse von geologischer Seite nötig machen, höhere Kosten verursachen oder gar zu einer Änderung des Verrohrungsschemas führen.
Buja, H.-O. (2014). Handbuch der Bohrtechnik: Tief-, Flach-, Geothermie- und Horizontalbohrverfahren ; Grundlagen - Geräte - Anwendungen ; [das Fachbuch für Studium und
Praxis (2. Aufl. Aufl.). Norderstedt: BoD Books on Demand.
Simander, Thomas:Geomechanische Post-Drill Analyse des Tiefengeothermieprojektes Kirchweidach:BSc, TU München, 2021
Stober, Ingrid; Kurt Bucher (2020): Geothermie, Springer Spektrum, 3. Auflage. ISBN 978-3-662-60939-2 ISBN 978-3-662-60940-8 (eBook). https://doi.org/10.1007/978-3-662-60940-8.
https://www.youtube.com/watch?v=ZiqPBl5EFsE
zuletzt bearbeitet August 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de