Die in der Geothermie eingesetzten Bohrtechnologien und -techniken finden ihren Ursprung größtenteils in der Kohlenwasserstoffindustrie. Die technischen Anforderungen sind in der
Geothermie oftmals erheblicher, da
Die Wirtschaftlichkeit eines Tiefengeothermieprojektes ist direkt an die Bohrkosten gekoppelt, weil meistens erst ab Bohrteufen von über 4000m die gewünschte Temperatur des
Trägermediums erreicht wird (Bauer, Freeden, Jacobi & Neu, 2014). Aufgrund der Komplexität des Abteufens und Ausbau einer Tiefbohrung sind verschiedene Ingenieurdisziplinen
involviert (Stober & Bucher, 2014,).
Die verwendete Bohrtechnik hängt vom Gesteinsuntergrund und der zu erreichenden Bohrtiefe ab, für das die Bohrtechnik eine Vielzahl von Geräten entwickelt hat.
Grundsätzlich finden zwei Verfahren Anwendung:
In der Geothermie wird i.d.R. das drehende Bohrverfahren (Rotarybohren) angewendet, welches bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt ist und sich in der Erdölindustrie als Standardverfahren etabliert hat.
Das Grundprinzip ist die Drehung unter Andruckbelastung eines hohlen Bohrgestänges, an dessen unterem Ende sich das Bohrwerkzeug, der Bohrmeißel, befindet (Buja, 2014). Die Bohrspülung wird mit Hilfe von Spülpumpen aus dem Saugtank der Tankanlage über den Spülkopf in den Bohrstrang gepresst. Im Spülkopf findet der Übergang des stationären übertägigen Leitungssystems in das rotierende System des Bohrstranges statt (Buja, 2014,). Aufgrund des Hochdrucks der Bohrspülung ist ein komplexes Dichtungssystem erforderlich, welches zusätzlich auch die Stranglast kompensieren muss. Die Stranglast kann variiert werden, weil der Bohrstrang übertage an einem Flaschenzug befestigt ist (Buja, 2014).
Durch die Stranglast erhalten die Bohrwerkzeuge die benötigte Belastung, um in das Gestein an der Bohrlochsohle einzudringen und in Folge der Drehbewegung herauszubrechen. Die Belastung wird dabei nur von dem unteren Bohrstrang, an dem sich die sog. Schwerstangen befinden, erzeugt, um einen Ausknick vorzubeugen. Die herausgebrochenen Gesteinspartikel werden oft als Cuttings bezeichnet (Buja, 2014,).
Über den Drehtisch wird die Drehbewegung über eine Mitnehmerstange auf den Strang übertragen, bei dem moderneren Topdrive-System befindet sich der Motor direkt auf dem Bohrstrang (Buja, 2014). Die Bohrstangen sind meistens neun Meter lang und werden zur Verlängerung des Bohrstrangs jeweils übereinander gesetzt. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis das Bohrwerkzeug, welches sich am unteren Ende des Bohrstranges befindet, abgenutzt ist. Um ein neues Bohrwerkzeug einzubauen, muss der gesamte Bohrstrang über den Flaschenzug nach oben gezogen werden (Buja, 2014).
Die Zeitspanne, den der Austauschprozess in Anspruch nimmt, wird als Roundtripzeit bezeichnet und soll im Zuge der Bohroptimierung so kurz wie möglich gehalten werden. Deshalb werden die einzelnen Bohrstangen jeweils nur an jedem dritten Verbinder auseinander geschraubt, was zu Bohrturmhöhen von ca. 40m führt. Die Bohrstangen werden auf einer sich ca. 10m über den Baugrund befindende Arbeitsbühne abgestellt (Buja, 2014).
Das Bohrloch wird abschnittsweise zusätzlich stabilisiert, indem Stahlrohre, die miteinander verschraubt oder verschweißt sind, eingelassen werden. Der zwischen Bohrlochwand und Rohrtour (casing) entstehende Ringraum wird von unten nach oben mit Zementschlämmen ausgefüllt. Ist der Zement ausgehärtet, wird mit einem kleineren Meißeldurchmesser weiter gebohrt, wodurch ein teleskopartiges Bohrloch entsteht (Buja, 2014,).
Bei geologischen Bohrungen verwendete Werkzeuge sind z. B.:
Zu den beim Tiefbohren verwendeten Anlagen siehe auch unter Bohranlagen. Dort ist auch ein Technologiebaum zu den wesentlichsten Bestandteilen einer Bohranlage zu finden.
'Vertikalbohrungen' sind die „normale“ Form der Bohrung - mehr oder weniger senkrecht nach unten. Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen 'Horizontalbohrungen' nötig sind, z. B. beim Tunnelbau. Moderne Techniken erlauben Tiefbohrungen in weiträumigen Ablenkungen aus der Vertikalen in Richtung Horizontale. Man spricht dann von Richtbohren oder Richtbohrtechnik. Mit ihr lassen sich Bohrziele (targets), wie wasserführende Störungen direkt anfahren. Ein Fachbegriff ist hier 'geosteering'.
Wissenschaftliche Bohrungen benötigen unzerstörtes Gesteinsmaterial, von dem auch die Herkunftstiefe bekannt sein muss. Zu diesem Zweck wurden Techniken entwickelt (das so genannte Kernbohren), die die Förderung von Bohrkernen aus dem Bohrloch erlauben. Die mit ihrer Hilfe gewonnenen Bohrprofile geben die geologischen Verhältnisse des Untergrundes metergenau wieder. Auch das in der Spülung herausgeförderte Bohrklein erlaubt eine Abschätzung der Herkunftstiefe der entnommenen Probe (berechnet aus Aufstiegsgeschwindigkeit und der dazu benötigten Zeit).
In der Tiefengeothermie werden also vorwiegend die folgendenden Bohrtechniken genutzt:
Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Kosteneffizienz beim Abteufen von tiefen Geothermie-Bohrungen ist die Verbesserung der Gesteinszerstörung und damit die Erhöhung der Bohrgeschwindigkeit. Durch den Einsatz neuer Bohrwerkzeuge lassen sich die teuren Mietkosten für die schweren Tiefbohranlagen reduzieren, da die reinen Bohrzeiten reduziert werden können.
Da konventionelle Bohrwerkzeuge für die Öl- und Gaserkundung im Sedimentgestein entwickelt und optimiert wurden, können diese in harten schwer bohrbaren Formationen für die Tiefe Geothermie nur sehr uneffektiv eingesetzt werden (geringe Bohrgeschwindigkeiten, hoher Verschleiß). Die Folge sind hohe Bohrkosten und ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko. Eine Weiter- bzw. Neuentwicklung von anderen Bohrverfahren ist bei petrothermaler Geothermie zu erwarten. Sie nutzt das heiße, harte Gestein im Untergrund, das über Bohrungen und verschiedene Stimulationsverfahren erschlossen wird.
Mit der Entwicklung und Erprobung des Elektro-Impuls-Verfahrens (EIV) kann eine völlig neuartige Form der Gesteinszerstörung für tiefe Geothermiebohrungen nutzbar gemacht werden. Das Prinzip beruht auf elektrischen Entladungen unter sehr hohen Spannungen, welche zwischen zwei Elektroden durch das Gestein geleitet werden und dabei dessen Gefüge durch hohe Temperaturen und Drücke schwächen. Das Verfahren befindet sich noch im Forschungsstadium.
Hier befindet sich der Bohrer nicht im direkten Kontakt mit dem Untergrund. Verschleiß am Bohrmeißel ist also nahezu ausgeschlossen. Beim Flame-Jet-Drilling befinden sich am Bohrkopf Öffnungen, über die eine sehr heiße Flamme ins Bohrloch gebracht wird, die das Gestein spaltet und wegsprengen lässt. Flame-Jet-Drilling befindet sich ebenfalls noch im Forschungsstadium.
Casing | zutage geführte Verrohrung |
Liner | nicht zutage geführte Verrohrung (wird in der vorherigen Rohrtour mittels eines Liner-Hangers mechanisch verkeilt abgehängt) |
BOP | Blow-Out Preventer (hydr. Schleusensystem zur Beherrschung von Bohrlochzuflüssen und –drücken während des Bohrfortganges) |
Tool Joint | verdickter Gewindeverbinderteil des Bohrgestänges |
API | American Petroleum Institute |
FGT | Formations-Gradienten-Test |
FIT | Formation-Integrity Test |
LOT | Leak-Off-Test |
TVD | True Vertical Depth (wahre Teufe = Vertikalteufe) |
MD | Measured Depth (Bohrteufe = Bohrungslänge) |
DHM | Untertage-Spülungsmotorantrieb (Down Hole Motor) |
RSS | Mit Strang rotierender Bohrsteuerkopf (Rotary Steerable System) |
MWD | Measurement-While-Drilling |
DLS | Dogleg-Severity (Bohrlochkrümmung durch Neigungs-/Richtungsänderung) |
PDC | Diamantmeissel (Polycrystalline Diamond Compact) |
PCD | Poly-Crystalline Diamond |
OD | Outer Diameter (Außendurchmesser) |
ID | Inside Diameter (Innendurchmesser) |
LK | Linerkopf |
ZK | Zementkopf |
SG | Spezifisches Gewicht (kg/l) |
WOB | Meißelbelastung (Weight-on-Bit) |
RPM | Umdrehungszahl (Revolutions-per-Minute) |
TQ | Drehmoment (Torque) |
ROP | Bohrfortschritt, Bohrgeschwindigkeit (Rate of Penetration) |
Roundtrip | Ausbau und Wiedereinbau des Bohrstrangs (z.B. zum Meißelwechsel) |
Anders, Erik, Mathias Voigt, Franziska Lehmann: E-volution der Bohrtechnik - mit Hochspannung durchs Hartgestein. In: GTE Nummer 88 (2018), S. 24
Bauer, M., Freeden, W., Jacobi, H. & Neu, T. (Hrsg.). (2014). Handbuch Tiefe Geothermie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. doi: 10.1007/978-3-642-54511-5
Buja, H., O.: Grundlagen -Gerätetechnik -Anwendungen, Handbuch der Bohrtechnik. Bd. 1. Aufl. Norderstedt Books on Demands, 2012
Buja, H.-O. (2014). Handbuch der Bohrtechnik: Tief-, Flach-, Geothermie- und Horizontalbohrverfahren; Grundlagen - Geräte - Anwendungen ; [das Fachbuch für Studium und Praxis (2. Aufl. Aufl.). Norderstedt: BoD Books on Demand.
Bundesamt für Energie & Foralith: Innvoative Bohrtechniken. Ein Weg zur Förderung der Wirtschaftlichkeit geothermischer Bohrungen. Bern : 1998
Hatzsch, P.: Tiefbohrtechnik. Stuttgart : Enke, 1991
Marx, C.: Entwicklungsschwerpunkte auf dem Gebiet der Bohrtechnik (1951-2001). In: Berg- und hüttenmaännischer Tag (2001)
Simander, Thomas: Geomechanische Post-Drill Analyse des Tiefengeothermieprojektes Kirchweidach: BSc, TU München, 2021
Teodoriu, C.: Bohrmethoden für Tiefenbohrtechnik: vom konventionellen Rotary- zum Laser-Bohrverfahren. In: GTE Nummer 80 (2014), S. 14-18
Ukelis, D., Zorn, R., Friderich, J., Steger, H., Linder, P., Meier, S., Burkhardt, F: Verlaufsmessungen und Richtbohrtechnik, Rückbau und Recouvering von Erdwärmesonden. In: GTE Nummer 86 (2017), S. 12
Gec-co global engineering & consulting: Vorbereitung und Begleitung bei der Erstellung eines Erfahrungsberichts gemäß § 97 Erneuerbare-Energien-Gesetz, Teilvorhaben II b): Geothermie, Zwischenbericht, 2018
Stober, Ingrid; Kurt Bucher (2020): Geothermie, Springer Spektrum, 3. Auflage. ISBN 978-3-662-60939-2 ISBN 978-3-662-60940-8 (eBook). https://doi.org/10.1007/978-3-662-60940-8.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bohrung (Geologie)
https://www.youtube.com/watch?v=vr0lJ-qwRts
https://www.youtube.com/watch?v=lXZFQRIOn3o
https://www.youtube.com/watch?v=IkrapQDqkdA
https://www.youtube.com/watch?v=rKDN0ew13Mo
Weitere Videos im Kanal 'Spaß mit Tiefbohrtechnik': https://www.youtube.com/channel/UCKeYr1oHWGzeAnmA6s7Bnwg
zuletzt bearbeitet August 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de