Im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland ist das geothermische Potenzial im Oberrheingraben besonders hoch. Heiße Gesteinsschichten befinden sich hier bereits in vergleichsweise geringer Tiefe. Die Region ist heute geprägt durch Fernwärmesysteme, die zum Großteil mit fossiler Energie versorgt werden. Erdwärme bietet ein enormes Potenzial, um Kohle und Gas in der Fernwärme zu ersetzen. Die Region ist damit eine Schlüsselregion für die Wärmewende in Deutschland. Um dieses geothermische Potenzial für Kommunen und die Industrie am Oberrhein nutzbar zu machen, sind umfangreiche geologische Daten für die Region erforderlich. In dem Forschungsvorhaben DEKAPALATIN-BERTHA, an dem sich die Stadt Wörth am Rhein, die Daimler Truck AG, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, sowie weitere Forschungspartner beteiligen, sollen diese Daten aus der geologischen Aufsuchung und der Forschungsbohrung gewonnen werden.
Programm/ Zuschussgeber | BMWK |
Akronym | DEKAPALATIN-BERTHA |
Titel/ Thema | DEKAPALATIN-BERTHA - Konzeptionierung, Exploration, Erschließung tiefer Geothermie in einem Reallabor für die integrierte Wärmewende am Modellstandort Wörth am Rhein |
Identifikation/ Zuwendungsnummer | 03EXP4005 |
Durchführungszeitraum | 2024-02-01 2028-01-31 |
Geschätzte Kosten/ Zuwendungsbetrag | 15.573.758,76 |
Sonstiges | - |
Das Projekt wird mit wissenschaftlicher Begleitung durchgeführt, um die Expertise bei den Analysen einfließen zu lassen. Bei der Region Mittlerer Oberrhein handelt es sich um ein fault-leakage controlled play, dessen Störungsinventar und hydraulische Performance unzureichend bekannt sind. Eine sichere Entwicklung dieser Art von Plays bedarf einer gezielten Explorationsstrategie mit qualifizierter Datenlage. Informationen etwa zur Störungsgeometrie, zu Gesteinseigenschaften und dem Gebirgsspannungsfeld sollen daher in dem Projekt erforscht werden. Sie sind auf andere Projekte in der Region übertragbar.
Zusätzlich soll der Wärmetransport im Untergrund untersucht, Zusammenhänge und Kontrollfaktoren identifiziert und ggf. quantifiziert werden. Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt sind innovative Monitoring- und Prognosemodelle. Die erwartete Reservoirtemperatur macht zudem Untersuchungen zu Bohrungs-Services und Fördertechnologie notwendig. Auch soll die parallele Versorgung von industrieller Prozess- und kommunaler Heizwärme optimiert werden.
WärmeWerk Wörth GmbH, Untersuchungen zur Gewinnung von Wissenschafts- und Fachdaten für die Nutzung des geothermischen Potentials.
Georg-August-Universität Göttingen - Geowissenschaftliches Zentrum - AB Angewandte Geothermik und Geohydraulik, Skalenübergreifende thermisch-hydraulische Modellierung, wissenschaftliches Logging, Kernbohren & Potenzialanalyse.
Die UGOE unterstützt die geothermische Erschließung des Standorts Wörth (Rhein) durch thermisch-hydraulische Modellierungen, durch wissenschaftliches Logging und durch Kernbohren zur Reservoircharakterisierung. Die thermisch-hydraulische Simulationen finden auf zwei Skalen statt: Zum einen auf der regionalen Skala zur Klärung der thermischen Anomalie am Mittleren Oberrhein, zum anderen auf der lokalen Reservoirskala zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Reservoirs im Dublettenbetrieb. Die operativen Arbeiten des Projektverbunds werden von Beginn an durch die hohe fachlich-praktische Kompetenz der UGOE begleitet. In der geplanten Tiefbohrung Bertha 1 soll ein umfangreiches, wissenschaftliches Logging durchgeführt werden, das durch Kernbohren in den Reservoirhorizonten ergänzt wird. Die Daten und Proben werden den Projektpartnern entsprechend charakterisiert für die weiteren Forschungsarbeiten zur Verfügung gestellt.
Letztlich ist das Ziel der UGOE, einen auf dem Play Type Konzept basierenden Arbeitsansatz zu entwickeln, um in störungskontrollierten, tektonisch aktiven und hochtemperierten Reservoirsystemen einen sicheren Reservoiraufschluss und einen nachhaltigen geothermischen Reservoirbetrieb herzustellen. Dazu soll nach dem 'geothermal play type' Konzept das Play 'aktive Extensionssysteme' von der Exploration bis hin zur Reservoirbewirtschaftung angewendet, verifiziert und validiert werden, um damit die Lernkurve aus dem Geothermieprojekt Wörth a.R. auf analoge Plays übertragen zu können.
Technische Universität Darmstadt - Fachbereich Material- und Geowissenschaften - Institut für Angewandte Geowissenschaften - Fachgebiet Ingenieurgeologie, Geomechanische Modellierungen zur Prognose des tektonischen Spannungsfeldes auf unterschiedlichen räumlichen Skalen.
Die Projektarbeiten der TUDa zielen auf die Bestimmung des tektonischen Spannungsfeldes im Aufsuchungsgebiet Bertha bei Wörth am Rhein. Das Spannungsfeld ist bei störungskontrollierten geothermischen Reservoiren nicht nur zur Festlegung der Bohrziele und die Bohrpfadplanungen relevant. Es ist auch ein wichtiger Parameter zur Beurteilung des Reaktivierungspotentials der Störungen durch Porendruckänderungen und liefert damit Randbedingungen für einen sicheren und nachhaltigen Betrieb einer geothermischen Dublette ohne spürbare induzierte Seismizität. Die Prognose des Spannungsfeldes erfolgt mit geomechanisch-numerischen 3D Modellen, die die lokale Untergrundgeometrie und Materialparametrisierung im Aufsuchungsgebiet soweit als möglich berücksichtigen. Entsprechend wird sich die Prognosequalität im Verlauf der Projektarbeit auch schrittweise verbessern, sobald durch die 3D Seismik und anschließend die Bohrung Bertha 1 ortsspezifische mechanische Kennwerte und in situ Spannungsmessungen zur Parametrisierung und Kalibrierung der geomechanischen Modelle zur Verfügung stehen.
Ein besonderer Fokus der numerischen Simulationen liegt auf einer realitätsnahen Abbildung der Störungen, die die komplexe Geometrie und Internstruktur von Störungszonen in Abhängigkeit vom Modellmaßstab berücksichtigt. Durch die Anwendung der Modellierungstechniken auf ein reales Geothermieprojekt werden als Ergebnisse des Teilvorhaben nicht nur lokal relevante Spannungsprognosen erwartet, sondern auch grundlegende methodische Erkenntnisse zur Einbindung von geomechanischen Modellierungen in den Standard-Workflow für eine erfolgreiche Erschließung und sichere Nutzung geothermischer Ressourcen.
Institut für Geothermisches Ressourcenmanagement im Institut für Innovation Transfer und Beratung gGmbH, Modellierung von Störungsreaktivierung und seismische Mikrozonierung.
Ziel des Teilprojekts im Rahmen des Verbundvorhabens DEKAPALATIN ist es, zu untersuchen, bei welchen definierten Druckveränderungen in einem geothermischen Reservoir es bei gegebenen regionalen Spannungsverhältnissen zu induzierter Seismizität durch Reaktivierung von Störungen kommen kann. Die geplanten transienten thermohydraulisch-mechanischen Simulationen sollen als Ergebnis sowohl die räumliche und zeitliche Verteilung der seismischen Ereignisse als auch deren Quellsignalcharakteristik liefern. Diese Informationen werden genutzt, um die vom berechneten Quellort ausgehenden seismischen Wellen im dreidimensionalen Raum zu simulieren.
Aus den Modellen sollen daraus resultierende Bodenschwinggeschwindigkeiten im Modellraum abgeleitet und in Erschütterungskarten dargestellt werden. Gesteinsphysikalische Parameter wie z.B. Wellengeschwindigkeiten und mechanische Parameter sowie Randbedingungen wie Modellgeometrien und Informationen zu regionalen Spannungsbedingungen werden innerhalb des Gesamtprojekts gewonnen fließen in die seismischen Modellierungen ein. Eigene seismische H/V- und Arraymessungen im Gelände ergänzen die Modelleingangsdaten. Die Simulationen erfolgen zunächst an generischen Modellen zur Erlangung eines bessern Prozessverständnisses sowie zur Untersuchung des Effekts von Gesteinseigenschaften auf die induzierte Seismizität. In weiteren Arbeitsschritten werden die Simulationen kontinuierlich durch neue Erkenntnisse aus anderen Arbeitspaketen konkretisiert. So fließen Informationen aus der im Projekt durchzuführenden 3D-Seismik in die Modelle ein, um sowohl Reservoireinheiten als auch geologische Störungen bestmöglich geometrisch zu berücksichtigen.
Durch die Modelle soll versucht werden, Doubletten-Geometrien unter Berücksichtigung definierter Produktions- und Injektionsraten im Modell hinsichtlich möglicher Seismizität und daraus entstehender Bodenunruhen zu testen.
Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG), Spezialverfahren in der Explorationsseismik und Kluftmusternanalyse.
Das Ziel der seismischen Untersuchungen ist die Analyse des Störungssystems im Oberrheingraben. Eine neu durchzuführende seismische Erkundung dient dazu den genauen strukturellen Bau der Reservoire festzustellen. Diese Aufgabe ist eine wesentliche Grundlage für die Bohrplanung. Das in diesem Forschungs-Teilprojekt zu erreichende Ziel ist die Charakterisierung der Reservoire in Bezug auf die Auswirkungen der störungsbedingten Deformation des Untergrundes. Neben den Hauptverwerfungen entstehen in einem Störungssystem Deformationen mit geringen Versätzen, die sich räumlich mit einer bestimmten Vorzugsrichtung konzentrieren. Daneben wird das Gestein entlang der Störungsflächen geklüftet. Diese Deformationen lassen sich in dem seismischen Datensatz durch Interpretationsmethoden darstellen. Sie wirken sich einmal durch kohärente Verschiebungen der seismischen Signalamplitude in dem fertig prozessierten Datensatz aus und durch richtungsabhängige Laufzeitveränderungen in den Originaldaten.
Für die Analyse des Störungssystems werden automatische und durch maschinelles Lernen unterstütze Verfahren eingesetzt, um die Störungsdichte, die räumliche Verteilung und Vorzugsrichtungen darzustellen. Laufzeitveränderungen werden durch richtungsabhängigen Geschwindigkeitsanalysen bestimmt. Die Ergebnisse werden mit petrophysikalischen Untersuchungen an Gesteinsproben und Bohrlochmessungen der anderen Arbeitspakete ergänzt. Daraus ergibt sich eine störungsbedingte Gliederung des Reservoirs und Hinweise auf dessen Entstehung. Die Untersuchungen können so auf ähnliche Reservoire übertragen werden.
Stadt Wörth am Rhein
https://www.enargus.de/search/?q=DEKAPALATIN-BERTHA
zuletzt bearbeitet Februar 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de