Enhanced geothermal systems (EGS) oder engineered geothermal system sind künstlich erzeugte oder maßgblich verbesserte Wärmetauschersysteme, meist ab ungefähr drei Kilometer Tiefe.
In diesen Tiefen hat das umgebende Gestein im Durchschnitt Temperaturen oberhalb 100 °C. Es befinden sich auch kleine Mengen an Wasser in den Gesteinen. Allerdings ist die Durchlässigkeit der Gesteine oft zu gering, um genug heißes Wasser zur Stromproduktion daraus fördern zu können. Die natürliche Permeabilität wird bei EGS mit Stimulationstechniken, wie der hydraulischen, oder der Säurebehandlung erhöht (enhanced). Von der Erdoberfläche wird das Wasser über eine tiefe Bohrung in den Untergrund zurückgeführt (Injektionsbohrung, Schluckbrunnen), dort erwärmt es sich auf dem künstlich geschaffenen Risssystem und wird über eine zweite Bohrung (Förderbohrung) wieder an die Erdoberfläche befördert. Das Ziel ist ein quasi geschlossener Thermalwasserkreislauf.
Anlagen, wie sie hier beschrieben wurden, werden auch HDR (hot dry rock) oder als petrothermale Geothermie bezeichnet. EGS wird in Abgrenzung dazu gelegentlich auch für den Übergangsbereich zwischen hydrothermaler und petrothermaler Geothermie verwendet, also für untertägige Gegenheiten, bei denen zwar natürliche Wegsamkeit vorhanden ist, aber nicht ausreicht und daher künstlich verbessert werden muss (enhanced).
Der Bundeverband Geothermie hat petrothermal wie folgt definiert (alle drei Bedingungen müssen erfüllt sein):
In der ursprünglichen Form wurde bei EGS-Frojekten der gesamte open hole Bereich einer Bohrung in einem Zug druckbeaufschlagt und somit konnten in diesem Bereich des Bohrlochs und in seiner Umgebung fracs nach Belieben entstehen. Welche fracs enstanden wurde durch das Spannungsfeld und die Gesteineigenschhaften kontrolliert. Wesentlich gesteuerter kann die Erzeugung künstlicher fracs mit der Multifrac-Technologie erfolgen. Hier werden kurze Abschnitte (einige Meter) des Bohrlochs durch zwei Packer vom übrigen Bohrloch getrennt. Die Druckbeaufschlagung und damit Fracbildung erfolgt dann nur in dem Abschnitt zwischen den Packern. Dies kann dann mehrfach (z.B. 20-ig-fach) an unterschiedliche Positionen im Bohrloch wiederholte werden. Da das Bohrloch meist horizontal oder zumindest geneigt verläuft und sich die fracs in größerer Tiefe in der Regel etwa vertkal ausbilden, kann so sehr geziehlt die gewünschte Frac-Geometrie verwirklicht werden. Die Multifrac-Technologie hat sich bei der Förderung von Erdgas und Erdöl aus dem Muttergestein (unkonventionelle Förderung) bewährt und ist auch in der Geothermie inzwischen die Technologie der Wahl. In der Geothermie wird allerdings als Fracfluid ausschließlich Klarwasser ohne chemische Zusätze und ohne Stützmittel (Proppant) verwendet.
2023 hat die Firma Fervo Energy in den USA die erste künstliche geothermale Quelle im sogenannten Hot-Dry-Rock-Verfahren (EGS) erschlossen. Die Bohrung wurde erstmals von einem Unternehmen zur Vorbereitung auf künftige kommerzielle Bohrungen für Geothermieprojekte durchgeführt und nicht nur als Forschungsprojekt. Die Technik, die aus den Frackingverfahren zur Öl- und Gasförderung in den USA heraus entwickelt wurde, soll den Bau von Geothermieanlagen im größten Teil des Westens der USA ermöglichen. Mit diesem Test will Fervo Energy bewiesen haben, dass Enhanced Geothermal System (EGS) jetzt effizient genug für die Stromerzeugung ist. Das Projekt wurde von google finanziell untertsützt.
EGS-Systeme können auch als Wärme- und somit Energiespeicher (underground energy storage, UES) mit extrem großen Kapazitäten verwendnet werden. Sie können dann wahlweise im Exraktionsmodus oder im Speichermodus betriegen werden. Im Speichermodus wird Wasser mit Temperaturen oberhalb der Formationstemperatur eingespeist, typisch könnten dies 350 °C sein. Dabei kann dann sowohl die Förderbohrung als auch die Injektionsbohrung einer typischen Dublette zur Injektion genutzt werden. Das Heißwasser kann als Power - to - X mit grünem Überschussstrom hergestellt sein. In der nächsten Produktionsperiode kann das System dann auf eine höhere Reservoirtemperatur zugreifen und so die eigespeicherte Energie großteils zurückgewinnen.
In Großbritannien wurden Ende der 1970er Jahre einige Bohrungen durchgeführt, um die geothermischen Gradienten von Sedimentbecken und warmen Grundwasserleitern zu nutzen. Ihr Southampton-Projekt, das bis zu einer Tiefe von 2,1 km gebohrt wurde, lieferte 75 °C heißes Wasser, das 2,2 MW zur Beheizung von Wohnhäusern, Krankenhäusern und Universitäten lieferte.
In Großbritannien wurden auch Forschungen zu HDR und radiogenem Granit durchgeführt, und nach Jahrzehnten der Unterbrechung konzentrierte sich das Land nun auf EGS aus hauptsächlich radiogenem Granit aus Cornwall im Südwesten Englands, aus Nordengland und aus Schottland.
Die beiden führenden Unternehmen für EGS in Großbritannien sind beide in Cornwall ansässig. Es handelt sich um Geothermal Engineering Ltd und Eden Geothermal Ltd, die das United Downs Deep Geothermal Power Project (UDDGP) bzw. das Eden Geothermal Project betreiben. Die Geothermal Engineering Ltd hat in ihrem UDDGP-Projekt eine Injektionsbohrung bis in eine Tiefe von 2,2 km und eine Produktionsbohrung bis in eine Tiefe von 5 km gebohrt, die beide die Porthtowan-Verwerfungszone < 1 km westlich des Standorts durchschneiden. Sie stießen auf Temperaturen von fast 200˚ °C und erwarteten eine Kapazität von 3 MWe und 12 MW für verschiedene Anwendungen. Eden Geothermal Ltd hat den radiogenen Granit auf dem Eden-Projektgelände ebenfalls bis in ähnliche Tiefen gebohrt wie das UDDGP-Projekt. Allerdings scheint es sich bei Edens Initiative um ein hybrides Geothermiesystem mit kombiniertem EGS und Oberflächenwärmetauscher zu handeln, da die durch das EGS gelieferten Temperaturen im Bereich von 85 °C liegen und so Strom und Wärme erzeugen.
Die Schweiz ist seit den 1970er Jahren mit dem Einsatz oberflächennaher Wärmepumpen für die Fernwärme ein wichtiger Akteur, erreichte jedoch im Jahr 2020 eine Gesamtwärmeversorgung von 4015 GWh aus kombinierten Wärmepumpen, Erdwärmesonden und tiefen Grundwasserleitern. In den letzten zwei Jahrzehnten standen auch HDR und EGS im Fokus, wurden jedoch im Basler Geothermieprojekt gestoppt, wo die Flüssigkeitsinjektion in kristallines Gestein 2006 Erdbeben der Stärke 2,9 auslöste, gefolgt von Erdbeben der Stärke 3,4 nach der Injektion bis 2007. Das Projekt wurde 2009 vollständig eingestellt.
Sowohl im Granit als auch im sedimentären Deckgestein der Nordalpen und des Molassebeckens gibt es mehrere potenzielle EGS-Standorte, die auf einen geothermischen Gradienten von 25 °C bis 40 °C/km abzielen. Die Haute-Sorne ist das wichtigste Pilotprojekt im Molassebecken, bei dem die Geo-Energie Suisse AG Injektions- und Produktionsbohrungen in den Granit bohren will, um eine Temperatur von 170 °C mit einem Potenzial von 5 MWe zu erschließen. Die Bohrungen verlaufen vertikal bis zu einer Tiefe von 3 km und anschließend subhorizontal bis zu einer Tiefe von 5 km, um sie zu erweitern oder Brüche zu erzeugen. Das Unternehmen plant, in Abständen langsam zu bohren und zu brechen, um das Risiko von durch Injektionen ausgelösten Erdbeben zu minimieren.
Zwei Unternehmen, die auf den Transfer von Know-how und Technologien aus Ölfeldern setzen, repräsentieren einige der neuesten Entwicklungen im EGS- und Hybrid-Geothermie-System aus Nordamerika.
Sage Geosystems
Sage Geosystems Ltd. und sein Team aus ehemaligen Fachleuten von Shell, ExxonMobil, Weatherford und General Electric haben drei Technologien zur Stromerzeugung aus HDR entwickelt. Zwei ihrer AGS-Systeme umfassen EGS und Closed-Loop (Hybrid Geothermal System) und zielen darauf ab, 100 °C bis 250 °C aus verschiedenen heißen geologischen Formationen in 3 km bis 6 km Tiefe zu erfassen. Ihre dritte Technologie ist ein unterirdischer geothermischer Batteriespeicher. Einige Details ihrer drei Technologien sind: „HeatRootTM“, das 2022 in einer stillgelegten Gasbohrung in Texas entwickelt und getestet wurde, ist eine vertikale Einzelbohrung mit geschlossenem Kreislauf, bei der durch Fracking des HDR ein lokales EGS-Reservoir an der Seite der Bohrung geschaffen wird. Flüssigkeit wird auf die Oberseite des Bruchs gepumpt, Wasser zirkuliert im Inneren des Bruchs und kann sich dort einige Zeit erwärmen. Anschließend wird es vom Bruch in das einzelne Bohrloch und von dort an die Oberfläche zur Stromerzeugung gepumpt.
''HeatCycle' ist eine EGS- und Closed-Loop-Technologie, die nach dem gleichen Prinzip wie der HeatRoot-Bruch arbeitet, jedoch die Wärmegewinnung optimiert, indem 18 bis 20 Injektions-/Produktionsbohrungen mit einem beweglichen Bohrgerät namens „Walking Drilling Rig“ gebohrt werden. Diese Bohrungen funktionieren ähnlich wie ein Mehrzylindermotor und sollen bis zu 50 MWe produzieren. Das Wasser durchläuft abwechselnd Injektions- und Produktionszyklen, während die Brüche wie ein Ballon wirken, der sich öffnet, wenn er sich mit Flüssigkeit füllt, und sich schließt, wenn die Flüssigkeit zurückfließt. „Battery+“ ist eine geothermische Batteriespeichertechnologie. Der von Solar- und Windparks erzeugte überschüssige Strom wird in den unterirdischen HeatCycle-Brunnen als Warmwasser gespeichert und kann bei hohem Bedarf später genutzt werden. Da das Wasser längere Zeit unter der Erde bleiben könnte, wird es noch heißer und erhöht so die Stromausbeute.
Fervo Energy
Das Unternehmen hat zwei Technologien entwickelt: eine für die Stromerzeugung durch EGS, bei der Brüche als geschlossener Wärmetauscher fungieren, und die andere für die langfristige Energiespeicherung im Reservoir, FervoFlex. Um die Wärme des HDR zu erfassen, besteht die EGS-Technik von Fervo aus dem Bohren einer Reihe von drei Bohrlöchern, die als 'horizontales doppeltes EGS-System und tiefes vertikales Überwachungsbohrloch' gekennzeichnet sind . Die Paare von Injektions- und Produktionsbohrungen werden von derselben Plattform aus gebohrt, beginnend vertikal und dann horizontal bis in eine Tiefe von 3,4 km innerhalb des Reservoirs. Die Überwachungsbohrung ist vertikal und wird von einer anderen Bohrstelle aus bis in eine Tiefe von 2,4 km gebohrt. Es enthält Glasfasersensoren für eine umfassende Datenerfassung sowie die Überwachung von Durchfluss, Erdbeben, Reservoirdruck und Bohrlochmessgeräten.
Bei Geo-Energie Suisse AG erzeugt Fervo Brüche in mehreren Schritten. Sie verwenden jedoch eine 16-stufige Stimulation im Plug-and-Perforate-Stil, um ein langes Bruchnetzwerk zu schaffen, das die Injektions- und Produktionsbohrungen verbindet und eine Strömungszirkulation zwischen ihnen ermöglicht. Ihr Fracking verursachte intensive, aber kontrollierte Mikroerdbeben rund um die horizontale Bohrung, aber diese Mikroerdbeben wurden gut überwacht, ohne M 1,8 zu überschreiten, und sie hörten auf, sobald die Injektion beendet war. Fervo testete seine Technik von 2020 bis 2023 im Blue Mountain in Nevada, USA, und erschlossen dabei etwa 170 °C in 3,3 km Tiefe in einem schlecht durchlässigen Reservoir aus Dioritgängen und Lagergängen mit einer erwarteten Kapazität von 63 l/s und 3,5 MWe.
Der langfristige Plan des Unternehmens besteht darin, seinen EGS-Ansatz weiterzuentwickeln und bis 2028 400 MWe zu produzieren und rund 300.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Fervo unterhält Partnerschaften mit der Wissenschaft und der Öl- und Gasindustrie, aber auch mit Google, um künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen einzusetzen, um die Effizienz ihres Ansatzes zu verbessern [93]. Ein Pilotprojekt von Fervo und Google im Norden Nevadas begann Ende 2023 mit der Produktion von 3,5 MWe zur Einspeisung ins Netz. Mit seinem langlebigen In-Reservoir-Energiespeicher FervoFlex zielt Fervo darauf ab, Strom als Reaktion auf das Netz zu liefern, indem die Durchflussrate und der Druck über Lade-/Entladezyklen in den Injektions- und Produktionsbohrungen gesteuert werden.
Forge
Bericht aus den USA 22.04.2024, Lauren Boyd:
Was für ein Mittwoch! Ich hatte das Privileg, mit meinem Chef David Turk den Utah FORGE-Standort des US-Energieministeriums (DOE) UND das Cape Station-Projekt ihres Nachbarn Fervo Energy zu besuchen.
Ich war beeindruckt von der Gegenüberstellung eines Feldlabors und eines groß angelegten Gewerbegeländes, die nur wenige Meter voneinander entfernt waren. Die Partnerschaften zwischen diesen beiden Teams, die Unterstützung und Investitionen der lokalen Gemeinden Milford und Beaver und das Ökosystem leidenschaftlicher, hoffnungsvoller Wissenschaftler, Bohrer, Bauleiter usw. gehen weit über die Grenzen dessen hinaus, was Kritiker für möglich gehalten haben – und zwar tief inspiriert mich.
Standort | Leistung | Gesteinsart | Projekt Laufzeit | Temperatur | Arbeitsmittel |
Hijiori (Japan) | 130 kW | Granodiorit | 1985-2002 | 190 | Wasser |
Soultz-sous-Forêts | 1 MW | Granit | 1984-heute | 200 | Lauge |
Fenton Hill | 60 kW | Granit | 1974-1995 | 192 | Wasser |
Basel (Schweiz) | 3 MW | Granit | 2002-2009 | 200 | Wasser |
Habanero EGS | 1.7 MW | Granit | 2003-2013 | 263 | Lauge |
Groß-Schönebeck | 1 MW | Sandstein, Andesit | 2000-heute | 145 | Wasser |
FORGE (USA) | 400 MW |
| 2014-heute |
| Wasser |
Die Anzahl der Projekte mit deutscher Beteiligung belegt, dass Deutschland in der EGS-Forschung mit eine führende Rolle innehatte, bevor diese aus politischen Gründen verboten wurde.
https://www.youtube.com/watch?v=_a7z18dAGqM
https://www.youtube.com/watch?v=rguJPPWAJr8
Beardsmore, Graeme, Ladislaus Rybach, David Blackwell and Charles Baron: A Protocal for Estimating and Mapping Global EGS Potential. In: Geothermal! Resources Council Transactions Nummer 34 (2010), S. 301-312
Cuenot, N., Faucher, J.P., Fritsch, D., Genter, A. and Szablinski, D. : The European EGS project at Soultz-sous-Forets: from extensive exploration to power production. In: IEEE Power and Energy Society General Meeting. Pittsburg Nummer 20-24 (2008), S. paper 4596680
Garcia J, Walters M, Beall J, Hartline C, Pingol A, Pistone S, Wright M: Overview of the Northwest Geysers EGS Demonstration Project. Proceedings of the thirty-seventh workshop on geothermal reservoir engineering (ed) Proceedings of the thirty-seventh workshop on geothermal reservoir engineering, Stanford University, Stanford, 2012
Gérard, A., Genter, A., Kohl, T., Lutz, P., Rose, P., and Rummel, F.: The deep EGS (Enhanced Geothermal System) project at Soultz- sous-Forêts (Alsace, France). In: Geothermics Nummer 35 (2006), S. 473-483
Graeme R. Beardsmore, Ladislaus Rybach, David D. Blackwell, Charles Baron: A Protocol for Estimating and Mapping Global EGS Potential. In: In: GRC Transactions: Celebrating 50 Years of Clean, Renewable Power. GRC Annual Meeting; 2010/10/24; Sacramento, CA. Davis, CA: Geothermal Resources Council (2010), S. 301-312
Grant, M. A. and Garg, S. K: Recovery factor for EGS. In: Proc, 37th Workshop on Geothermal Reservoir Engineering, Stanford Uni- versity (2012)
Khodayar Maryam, Sveinbjörn Björnsson: Conventional Geothermal Systems and Unconventional Geothermal Developments: An Overview: In: Open Journal of Geology Nummer 14(2) (2024), 10.4236/ojg.2024.142012
Loewer, Markus, Maximilian Keim und Wolfgang Bauer, PETROTHERMALE GEOTHERMIE & ENHANCED GEOTHERMAL SYSTEMS – EIN REVIEW, Technische Universität München, Geothermie-Allianz Bayern, Munich School of Engineering, Lichtenbergstraße 4a, 85748 Garching b. München
MIT: The future of geothermal energy - impact of enhanced geothermal systems (EGS) on the United States in the 21st century. Idao : Idaho nat.lab., 2006
Rybach, L. : EGS – The State of the Art. In: Tagungsband der 15. Fachtagung der Schweizerischen Vereinigung für Geothermie, Stimulierte Geothermische Systeme, Basel (2004), S. 7 S
Weitere Literatur siehe:
zuletzt bearbeitet Dezember 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de