Neben Fernwärme hat auch Fernkälte eine immer größere Bedeutung. Insbesondere gewerbliche Räume werden infolge der Erderwärmung durch den Klimawandel immer häufiger im Sommer gekühlt. Auch im privaten Bereich werden zunehmend Klimaanlagen installiert. Es geht darum, eine CO2-freie Kühlung zu realisieren.
Fernkälte lässt sich gut mit Fernwärme kombinieren. Als Kältequellen kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Es können Oberflächengewässer, es kann aber auch der oberflächennahe Untergrund sein. Fernkältenetze sind in mehreren deutschen Städten in Planung oder im Bau, so in München und in Hamburg.
Ab Ende 2023 soll Kälte vom Energiestandort Süd in München-Sendling durch die Isarvorstadt und Ludwigsvorstadt in die Innenstadt strömen. Die dort vorhandene Wärme aus Geothermie und Kraft-Wärme-Kopplung wird auch zur Fernkälteerzeugung mitgenutzt. Die Stadtwerke München (SWM) verfügen bereits über ein 22 Kilometer langes Fernkältenetz und bauen die Fernkälte-Versorgung für München konsequent weiter aus.
Durch die neue Fernkältezentrale in München sollen künftig mehr gewerbliche Abnehmer wie Hotels, Bürogebäude und Einzelhandelsimmobilien klimatisiert werden – und zwar nachhaltig. Fernkälte funktioniert ähnlich wie Fernwärme: Auch hier wird ein Rohrleitungssystem genutzt, um thermische Energie über Wärmetauscher in die Gebäude zu transportieren. Vom Energiestandort Süd in München-Sendling aus soll Wasser mit Temperaturen von 6 bis 10 Grad Celsius in das Fernkältenetz eingespeist werden. In den angeschlossenen Gebäuden nimmt der Wärmetauscher die Energie aus der Gebäudeklimatisierung auf. Das erwärmte Wasser fließt im geschlossenen Kreislauf an den Energiestandort Süd zurück, wird wieder abgekühlt und erneut in den zu kühlenden Gebäuden eingesetzt.
Im Vergleich zur Kühlung über dezentrale, konventionelle Hausklimaanlagen spart Fernkälte bis zu 70% des Stromverbrauchs und reduziert auch die CO2-Emissionen entsprechend. Zudem ist Fernkälte ökologisch und nachhaltig, wenn die natürliche Kälte von Grundwasser oder von Flüssen genutzt werden kann. Das ist in München-Sendling der Fall: Die neu entstehende Kältezentrale nutzt unter anderem das kühle Wasser des Isarwerkkanals, um die Fernkälte zu erzeugen. Da es sich um ein geschlossenes System handelt, gibt es keinen unmittelbaren Eingriff in die Wasserökologie. Das neue Fernkälte-Projekt in München hat auch zahlreiche positive städtebauliche Auswirkungen. Durch die zentrale Fernkälteversorgung werden weitere Kühlaggregate auf Dächern der Innenstadt vermieden.
Zudem verbessert sich das innenstädtische Mikroklima, da Fernkälte im Gegensatz zu dezentralen Hausklimaanlagen ohne die Emission von Abwärme in die im Sommer ohnehin aufgeheizte Innenstadt auskommt. Fernkälte trägt dazu bei, der der Gesamterwärmung Münchens entgegenzuwirken und den wachsenden Kältebedarf in der Großstadt umweltschonend zu decken. Im Endausbau wird am Energiestandort Süd Kühlenergie von 36 Megawatt erzeugt – das entspricht etwa dem Kühlungsbedarf von vor Ort gewonnene Wärme aus der Geothermie wird auch in der am Energiestandort Süd entstehenden großen Fernkältezentrale mitgenutzt. Der Ausbau des Münchner Fernkältenetzes macht die neue Fernkältezentrale zur größten in Europa.
Dommann, D.: Die Fernwärme- und Fernkälteversorgung in der Freien und Hansestadt Hamburg: HEW. Hamburg., 1994.
Hu, Jianjun, Christine Doughty, Patrick Dobson, Peter Nico, Michael Wetter, Coupling Subsurface and Above-Surface Models for Design of Borefields and Geothermal District Heating and Cooling Systems, Stanford Geothermal Workshop , 2020
https://de.wikipedia.org/wiki/Fernkälte
zuletzt bearbeitet August 2022, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de