Seitens der Internationalen Gesellschaft für Felsmechanik ISRM existiert eine Empfehlung zur Durchführung von Spannungsmessungen mittels Hydraulic-Fracturing (HF) (Haimson & Cornet, 2003). Danach versteht man unter HF ein aus der Petroleumindustrie abgeleitetes Bohrlochstimulierungsverfahren, das seit Fairhurst (1964) auch gezielt für in situ Spannungsmessungen eingesetzt werden kann.
Das HF-Verfahren geht von einem ungeklüfteten Bohrloch aus, das durch einen im Bohrloch aufgebrachten Innendruck hydraulisch aufgesprengt wird. Dabei entwickelt sich an der Bohrlochwandung ein Zugriss („hydro frac“), der sich im umgebenden Gebirge normal zur Richtung der kleinsten in situ Hauptspannung σ3 ausbreitet. Die Größe von σ3 lässt sich in der Regel mit einem Grad an Zuverlässigkeit bestimmen, die – verglichen mit anderen Spannungsmessverfahren – seinesgleichen sucht. Die größte Hauptspannung σ1 hingegen ist weniger eindeutig bestimmbar, und es mehren sich grundsätzliche Zweifel, ob die Größe von σ1 im HF-Versuch überhaupt hinreichend zuverlässig bestimmbar ist.
In die Ermittlung von Richtung und Betrag der Hauptspannungen gehen die Messdaten des HF-Versuchs, die Methodik, mit der die Messdaten ausgewertet werden, Kenngrößen des Gebirges sowie Annahmen zum mechanischen Verhalten und zum Spannungszustand des Gebirges ein.
Ein Sonderfall sind Versuche in geklüfteten Bohrlochabschnitten, sogenannte HTPF-Versuche („hydraulic testing of pre-existing fractures“) (Cornet 1993). Derartige Versuche basieren auf dem hydraulischen Öffnen bereits vorhandener Trennflächen. In diesem Fall kann die Normalspannungskomponente σn normal zur geöffneten Trennfläche erfasst werden. Fasst man Bohrlochversuche mit jeweils verschieden orientierten Trennflächen zusammen, kann u.U. der großräumige 3-D in situ Spannungszustand experimentell ermittelt werden.
Ursprünglich für Spannungsmessungen in tiefliegenden Gesteinsschichten konzipiert, wird das HF-Verfahren heutzutage zunehmend auch in oberflächennahen Bereichen eingesetzt. Eine der
messtechnischen Aufgaben in HF-Versuchen ist die Bestimmung der Orientierung des Hydro Fracs. Sie gibt Aufschluss über die Orientierung von σ3 (der Hyro Frac steht normal zur Richtung von σ3 ). Die Bestimmung der Orientierung des Hydro Fracs erfolgt üblicherweise anhand der Rissspur des Fracs in der Bohrlochwandung, die entweder optisch mittels Bohrlochscanner oder mechanisch mittels Abdruckpacker („Impressionpacker“) erfasst wird. Inwieweit die Orientierung dieser Rissspur in das Gebirge hinein reicht, bleibt oft Spekulation und lässt sich nicht immer an Hand der HF-Messdaten ermitteln.
Eine besonders für oberflächennahe Einsätze interessante Alternative ist in dieser Hinsicht eine HF – Sonde mit integrierten Ultraschall- („Acoustic Emission“) – Sensoren. Eine derartige Sonde wurde von Manthei et al. (2003) entwickelt.
Sehr gut geeignet zur Bestimmung der Größe der kleinsten Hauptspannung σ3 .
Weniger geeignet zur Bestimmung der größten Hauptspannung σ1; ungeeignet für die mittlere Hauptspannung σ2.
H. Bock, Arbeitsbericht NAB 14-30 „Oberflächennahe Spannungsmessungen in der Nordschweiz und den angrenzenden Gebieten“ 2014
Haimson, B.C. & Cornet, F.H. (2003). ISRM Suggested Methods for rock stress estimation –
Part 3: hydraulic fracturing (HF) and/or hydraulic testing of pre-existing fractures
(HTPF). - Int. J. Rock Mech. & Min. Sci., 40: 1011-1020.
Fairhurst, C. (1964). Measurement of in situ rock stresses, with particular reference to hydraulic
fracturing. – Felsmech. Ing.-geol., 3: 129-147.
Cornet, F.H. (1993). The HTPF and the integrated stress determination methods. - In: Hudson,
J.A. (ed.): Comprehensive Rock Engineering, 3: 412-432, Oxford (Pergamon).
Manthei, G., Eisenblätter, J. & Kamlot, P. (2003). Stress measurement in salt mines using a
special hydraulic fracturing borehole tool. – In: Natau, Fecker & Pimentel (eds.): Geotechnical
measurements and modelling, 355-360, Lisse (Swets & Zeitlinger).
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