Die Hydrothermale Geothermie ist ein Teilgebiet der Tiefen Geothermie. Sie ist im Gegensatz zur Petrothermalen Geothermie zu sehen. Bei der Hydrothermalen Geothermie wird die Wärme dem Untergrund im Wesentlichen zusammen mit dem heißen Fluid (Wasser/ Dampf) entnommen. Das System ist also im Prinzip ein Thermalwasserbrunnen. Dass das (abgekühlte) Wasser reinjiziert wird stört diese generelle Einstufung nicht.
Unter hydrothermalen Lagerstätten versteht man Bereiche in Tiefen von über 400 m, in denen Thermalwasser zirkuliert. Dieses kann in Karsthohlräumen, Klüften, Störungszonen oder Porengrundwasserleitern vorkommen. Hydrothermale Lagerstätten sind in Deutschland in großer Zahl und in größeren Tiefen erschlossen. Die Reservoire werden in Kurorten wie etwa in Bad Staffelstein balneologisch genutzt. Die Versorgung mit Fernwärme basiert in München-Riem, Neustadt-Glewe, Erding und vielen anderen Orten auf hydrothermaler Geothermie. München möchte seine Fernwärmeversorgung bis 2040 zu 100 % auf Erneuerbare Energien umstellen, größtenteils auf Grundlage der Geothermie. Strom und Wärme wird in beispielsweise in Grünwald bei München gewonnen. Für die Stromerzeugung sind Temperaturen von über 120 °C notwendig.
Voraussetzung für ein hydrothermales System ist das Vorhandensein einer ergiebigen wasserführenden Gesteinsschicht (Nutzhorizont), welche eine möglichst weite vertikale und laterale Verbreitung aufweisen sollte, um eine langfristige Nutzung zu gewährleisten. Das in diesem natürlichen Reservoir zirkulierende Thermalwasser kann je nach Förderrate und Temperatur zur Erzeugung von Strom und Wärme oder lediglich Wärme genutzt werden.
Meist wird das Thermalwasser mit zwei oder mehr Bohrungen genutzt. Eine so genannte Dublette besteht aus einer Förder- und Injektionsbohrung. Ergänzt um eine weitere Bohrung zur Förderung oder Reinjektion spricht man von einer Triplette, allgemein von einem Mehrbohrlochsystem. Abgelenkte Bohrpfade ermöglichen das Niederbringen verschiedener Bohrungen innerhalb eines kleinen Kraftwerkgeländes unter Vermeidung des geothermischen Kurzschlusses. Da damit nur ein Bohrplatz gebaut werden muss und das Umsetzen der Bohranlage nicht so aufwändig ist, werden damit Kosten gespart.
International zählt zur hydrothermalen Geothermie auch die Föderung von trockenem heißen Dampf oder von Dampf-Wasser Gemischen (Nassdampf). Die Art der Verstromung hängt von der Lagerstätte und der Enthalpie ab.
sind:
Hydrothermale Geothermie beinhalted nicht nur die Nutzung zur Verstromung (Kraftwerk), sondern auch die Nutzung für Strom und Wärme (Heizkraftwerk, Kraft-Wärme Kopplung) oder nur zum Heizen (Heizwerk).
Natürliche Reservoire mit ausreichender Wassermenge sind in Deutschland verbreitet. In den geothermischen Provinzen des Molassebeckens im Alpenvorland, dem Oberrheingraben und dem norddeutschen Becken, sind hydrothermale Reservoire auch in ausreichender Tiefe vorhanden, um wirtschaftlich Strom zu erzeugen und Wärme zu nutzen.
In Norddeutschland werden vor allem für die Wärmeversorgung sedimentäre Porenspeicher des Jura, der Trias und des Perm erschlossen.
Im süddeutschen Raum werden vor allem sekundär geklüftete und/oder kavernöse Gesteine genutzt. Diese werden als Kluft- oder Karstaquifere bezeichnet. Um eine größtmögliche Förderrate zu gewährleisten werden diese Gesteine im Bereich von Störungszonen erschlossen. Ein Beispiel hierfür sind die Malmkarbonate des bayrischen Molassebeckens.
Im Oberrheingraben sind große Wassermengen vor allem an junge, tief reichende Störungszonen gebunden. Diese müssen über abgelenkte Bohrungen zielgenau erschlossen werden. Um einen Anschluss der Bohrung an eine Störungszone zu erreichen oder zu verbessern, können Stimulationsmaßnahmen eingesetzt werden. Hierbei kommen wiederum die hydraulische Stimulation wie auch die chemische Stimulation in Frage. Gerade die Karbonatgesteine des Muschelkalks im Oberrheingraben und des Malmkalks in der Molasse, lassen sich mit Säure erfolgreich stimulieren. Lässt sich der Zufluss oder die Injektion am besten über eine Verlängerung oder eine Abzweigung aus einem vorhandenen Bohrloch erreichen, kann man von bohrtechnischer Stimulation sprechen.
Grundlage einer zielgenauen Bohrung ist eine vorausgegangene seismische Exploration. Bei diesem Verfahren lassen sich sowohl einzelne Schichten als Reflektoren, als auch Störungszonen identifizieren.
Der Nachteil der hydrothermalen Geothermie liegt in der räumlich beschränkten Verbreitung der Reservoirgesteine. Damit ist man für die Wärmenutzung an bestimmte Regionen gebunden. Der Anteil der hydrothermalen Geothermie liegt daher bei unter 10 % des technischen Potenzials.
Hydrothermale Systeme können wie folgt eingeteilt werden:
Kategorie | Temperatur | Enthalpie | |
Heißwasser | Gepumpte Systeme Artesische Systeme | <150⁰C <220⁰C | <500kJ/kg <943kJ/kg |
Zweiphasen, Flüssigkeitsdominiert | Niederenthalpie Mittelenthalpie Hochenthalpie | 220-250⁰C 250-300⁰C 250-330°C | 940-110kJ/kg 1100-1500kJ/kg 1500-2600kJ/kg |
Zweiphasen, Dampfdominiert | 250-330°C | 2600-2800kJ/kg |
Genauere Angaben, mit Beispielen gibt folgene Tabelle:
Kategorie | Temperatur | Porosität | Recovery Faktor | Beispiele | Referenz | |
Heißwasser | gepumpt | <150⁰C | 15-30% | 10% | Alle deutschen Anlagen | Williams (2004), Kaya, Zarrouk et al. (2011) |
artesische | <220⁰C | 15-30% | 10% | Beowave | ||
Zweiphasen, flüssigkeitsdominiert | Niederenthalpie | 220-250⁰C | 15-30% | 20-30% | Ahauchapan, Miravalles, Ngawha, Onikobe,Weirakei | Westwood und Castanier (1981), Brock und Gudnindson (1989), SKM (2002) |
Mittelenthalpie | 250-300⁰C | 6-10% | 20-25% | Amatitlan, Berlin, Cerro Prieto, Kawerau, Las Tres Virgenes, Mahanagdong, Nesjavellir, Ohaari, Palimpinon, Sibayak Hatchobaru, Sumikawa | Bayrante (1992(, Amistoso, Aquino et al. (1993), SKM (2001) | |
Hochenthalpie | 250-330⁰C | 6-10% | 10-17% | Bacman, Dieng, Gunung Salak, Kakkonda, Krafla, Lahir, Los Azufres, Los Humeros, Mak-Ban, Mindano, Mokai, Mutnovsky, Namafjall, Okaria Ost und West, Onuma, Rotokava, Yamagawa, Zunil | SKM (2002), Ofwona (2005), Pator, Fronda et al. (2010) | |
Zweiphasen, dampfdominiert | 250-330⁰C | 8-12% | 8-12% | Dajarat, Geysirs, Komojang, Lardarello, Tongonan | Aminez, Bodvarsson et al, (1994), Allis (2000), Williams (2004, 2007) |
Zarrouk, S., J., Simiyu, f.: A Review of Geothermal Resource Estimation Methodology, 35th Newzealand Geothermal Workshop 2013
Weitere Literatur unter Literaturdatenbank und/oder Konferenzdatenbank.
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