Anders als bei der herkömmliche hydraulischen Stimulation soll bei der Multistage-Stimulation nicht in einem Arbeitsgang ein einziges, grosses Kluftsystem als Wärmereservoir im Untergrund erzeugt werden. Die Idee des neuen Verfahrens ist, etappenweise kleinere Wärmereservoirs zu bilden, die letztlich dann als Gesamtsystem genügend Wärme für die Stromproduktion liefern. So kann der Untergrund mit viel weniger starken Wasserinjektionen behandelt und damit das Risiko eines spürbaren Bebens minimiert werden.
Dieses Multi-Etappen-Stimulationskonzept kann nicht nur für die Erzeugung von Strom verwendet werden, sondern auch für die Wärmegewinnung und die Energiespeicherung im Untergrund. Die Technologie ist nicht nur im kristallinen Gestein wie im Jura, sondern auch in Sedimentgesteinen einsetzbar.
Das Multi-Etappen-Verfahren hat die Geo-Energie Suisse inzwischen im Felslabor der ETH Zürich in einem Versuchsstollen im Bedrettotal im kleinen Massstab getestet. Aus zwei mehrere Hundert Meter langen, stark geneigten Bohrlöchern gelang es im Bedrettostollen, mit gezielten Wasserinjektionen ein durchlässiges geothermisches Reservoir zu bilden. Die ETH Zürich hat eigens eine Vorhersagemethode entwickelt, um praktisch in Echtzeit die seismischen Daten beurteilen zu können. So wurden im Bedretto-Labor bei den Teststimulationen umfangreich seismische Daten vom Untergrund erhoben.
Die vor gut einem Jahr veröffentlichten Ergebnisse der Stimulationsversuche stimmen das Unternehmen zuversichtlich. «Die erste Auswertung aus den Versuchen zeigt uns, dass wir heute recht gut voraussagen können, wie sich der Fels bei einer entsprechenden Stimulation mit grösster Wahrscheinlichkeit in den nächsten Stunden, Tagen oder Wochen verhalten wird», sagte (2022) nach der Veröffentlichung Stefan Wiemer, Direktor des Schweizerischen Erdbebendienstes und Professor für Seismologie an der ETH Zürich. Für den CEO von Geo-Energie Suisse wurde im Bedretto «der Nachweis erbracht, dass das System funktioniert”. Das Schweizer Unternehmen wird nun zusätzlich als Industriepartner die gewonnenen Erkenntnisse in einem amerikanischen Projekt in Utah prüfen. Das ist ein reines Forschungsprojekt mit einem ähnlichen Konzept wie im Jura. Allerdings ist es dort im Untergrund deutlich wärmer. Die amerikanischen Ingenieure entwickeln und optimieren die neusten Technologien, unter anderem deutlich schneller und effizienter Bohrtechniken.
zuletzt bearbeitet Januar 2022, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de