Besonders in der Oberflächennahen Geothermie wird häufig zwischen geschlossenen und offenen Systemen unterschieden auch wenn sie oft nicht so bezeichnet werden. Diese Unterscheidung bezieht sich auf die Zirkulation des Wassers als Wärmeträger im Untergrund. Offene Systeme werden häufig auch als Brunnensysteme bezeichnt. Der Gegensatz sind dann geschlossene Systeme, die aber meist nicht so genannt werden. Sie werden eher direkt z.B. Erdwärmesonden genannt.
Bei geschlossenen Systemen (Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren) zirkuliert das Wasser in geschlossenen Rohrleitungen. Offene Systeme werden meist Grundwassersysteme oder Brunnensysteme genannt. Sie haben nicht notwendigerweise eine Reinjektion.
Vorraussetzung für ein offenes System ist ein oberflächennaher Grundwasserleiter der eine ausreichende Schüttung (Förderrate) erlaubt. Je nach der Tiefenlage des Grundwasserspiegels (Flurabstand) genügen bei diesen Systemen oft Bohrtiefen von nur wenigen Metern. Dabei ist zu beachten, dass der Wasserspiegel im Brunnen durch die Förderung etwas abgesenkt wird.
Offene Systeme nutzen die thermische Energie des Wassers. Dabei können sowohl offene Gewässer (Seen, Meere, Flüsse) oder Grundwasseraquifere genutzt werden. Bei beiden Varianten wird das Wasser an einer Stelle entnommen. Mit Hilfe einer Wärmepumpe wird die Temperatur des Wassers auf das für die Heizung erforderliche Temperaturniveau angehoben. Das Wasser wird anschließend an einem anderen Ort wieder ins System eingespeist, um das natürliche Gewässerregime nicht nachhaltig zu beeinflussen. Während offene Systeme im Grundwasser in der Regel durch eine konstant hohe Wassertemperatur gekennzeichnet sind, müssen bei offenen Gewässern saisonale Temperaturschwankungen beachtet werden (z. B. Sarbu & Sebarchievici, 2014). Des Weiteren stellt die Freihaltung der Leitungen von Algen oder Sedimenten einen erhöhten Wartungsaufwand dar.
In Deutschland werden offene Systeme bisher meist im Grundwasser eingesetzt. Diese werden in der Regel in Dublettenform betrieben: Das Wasser wird mit Hilfe eines Förderbrunnens entnommen und wird über einen zweiten Brunnen (Schluckbrunnen) wieder in den Aquifer eingeleitet. Es sind somit immer zwei Brunnen bzw. Bohrungen erforderlich. Schluckbrunnen sind dabei in Strömungsrichtung anzuordnen, um einen thermischen Kurzschluss (Rückführung von kaltem Wasser zum Förderbrunnen) zu vermeiden. Darüber hinaus müssen sie das Wasser immer in das gleiche Grundwasserstockwerk einleiten, aus welchem es entnommen wurde. Eine Einleitung des geförderten Grundwassers in andere Gewässersysteme (offene Gewässer, Kanäle, etc.) wird in Deutschland in der Regel nicht genehmigt oder ist mit hohen Kosten (Abwassergebühren) verbunden (Koenigsdorff, 2011).
Offene Systeme können sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen verwendet werden. Sind nur geringe oder keine Grundwasserströmungen vorhanden, ist auch eine Wärmespeicherung im Aquifer möglich.
Für offene Grundwassersysteme ist stets eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich, da es sich aus wasserrechtlicher Sicht um eine „Benutzung“ des Grundwassers handelt. Durch die thermische Nutzung wird die Temperatur des Grundwassers beeinflusst. Eine Abkühlung des Grundwassers (Heizfall) ist oftmals sogar erwünscht, da vielerorts die Grundwassertemperatur durch anthropogene Einflüsse angestiegen ist. Somit wird in der Genehmigungs-phase eine Abkühlung des Grundwassers unmittelbar nach der Einleitung auf 4 °C bis 6 °C in der Regel toleriert (Koenigsdorff, 2011). Eine Temperaturerhöhung des Grundwassers (Kühlfall) wird dagegen nur in geringen Grenzen toleriert. In der Regel sollte eine Einleitungstemperatur von 20 °C nicht überschritten werden (VDI 4640-2:2001). In Wasserschutzgebieten ist eine thermische Nutzung des Grundwassers in der Regel untersagt (Koenigsdorff, 2011).
Die Leistungsfähigkeit offener Systeme ist maßgeblich von der Förder- bzw. Pumpleistung des Förderbrunnens abhängig, um dauerhaft die erforderliche Durchflussmenge der Wärmepumpe bereitzustellen. Der Nenndurchfluss der Wärmepumpe beträgt üblicherweise ca. 0,25 m³/h pro Kilowatt Verdampferleistung (VDI 4640-2:2001). Neben der Fördermenge ist auch die Grundwasserqualität bei der Anlagenauslegung zu beachten. Eisen- oder manganhaltige Grundwässer führen beispielsweise zu vermehrten Ablagerungen in den Förderleitungen und erhöhen damit die Betriebskosten des Systems. Brunnensysteme profitieren von der, über das Jahr gesehen nahezu konstanten (hohen) Grundwassertemperatur. Wärmepumpen von Brunnenanlagen sind daher oftmals durch eine hohe Arbeitszahl gekennzeichnet. Dem gegenüber steht jedoch die hohe erforderliche Pumpleistung für das Gesamtsystem, die den energetischen Vorteil im Vergleich zu Erdwärmesoden oftmals negiert.
Für kleinere Anlagen (Ein- oder Zweifamilien-häuser) werden Grundwasserbrunnen daher oftmals nicht eingesetzt (Koenigsdorff, 2011). Als Sonderform der offenen Systeme können die thermische Nutzung von Tunnelwässern oder von Grubenwässern angesehen werden. Auch die Nutzung von oberflächennahen heißen, vulkanischen Wässern und Gasen, wie z. B. in Island, Neuseeland, Philippinen oder USA vorhanden (Schetelig & Richter, 2013), bildet ein Beispiel für offene Systeme.
Bei tiefliegenden Tunneln fallen nennenswerte Mengen an Bergwässern an, da der Tunnel den Fels bzw. den Untergrund entwässert (Rybach, 2008). Diese sogenannten Tunnelwässer sind durch eine hohe Temperatur (je nach Tiefenlage des Tunnels 20 °C bis 40 °C) gekennzeichnet (Rybach, 2008). Austretende Tunnelwässer werden am Tunnelportal gefasst und anschließend in der Regel in Oberflächengewässer eingeleitet. Hierbei darf die eingeleitete Temperatur jedoch nicht zu hoch sein, um die Biologie des Oberflächengewässers nicht zu schädigen. Werden die Tunnelwässer vor der Einleitung einer energetischen Nutzung zugeführt, können die Einleitungstemperaturen entsprechend gesenkt werden. Eine systematische thermische Nutzung von Tunnelwässern ist trotz des großen Potentials dieser Technik derzeit lediglich aus der Schweiz bekannt. Dort wird derzeit das Tunnelwasser aus sieben Tunneln mit einer installierten Gesamtleistung von 3,6 MW genutzt. Die größten Wärmemengen werden dabei beim Furka Eisenbahntunnel (1,17 MW), beim Lötschberg-Basistunnel (1,08 MW) und beim Gotthard Straßentunnel (0,72 MW) gewonnen (Imhasly et al., 2013).
In Bergwerksstollen fallen ebenfalls große Wassermengen (sogenanntes Grubenwasser) an, welche aus Sicherheitsgründen auch nach Stilllegung der Anlage abgepumpt werden müssen. Alte Bergwerkschächte sind jedoch auch durch eine große Tiefenlage gekennzeichnet, sodass das Grubenwasser Temperaturen von bis zu 40 °C aufweisen kann (Grab et al., 2010). Innerhalb des Stollensystems sind große erdberührende Flächen vorhanden, die einen guten Wärmeübergang ermöglichen. Darüber hinaus können die vorhandenen Schächte als Entnahme- bzw. Schluckbrunnen genutzt werden, sodass die Investitionskosten vergleichsweise gering ausfallen. Weiterhin liegen alte Bergwerksschächte oftmals in bebauten Gebieten, sodass Energieabnehmer direkt vor Ort vorhanden sind.
Eine großflächige Nutzung von Grubenwässern findet beispielsweise in Heerlen (Niederlande) statt. Durch das „Minewater Projekt“ wird seit 2009 der Wärme-und Kühlbedarf von mehreren hundert Gebäuden gedeckt (Weijers, 2012). Darüber hinaus existieren in Sachsen (Freiberg, Marienberg und Ehrenfriedersdorf), im Saarland (Reden), im Ruhrgebiet (Bochum, Marl und Essen) sowie in Springhall (Kanada) mit Leistungen von bis zu 700 kW Beispiele für eine erfolgreiche Grubenwassernutzung (Grab et al., 2010). Derzeit finden sich weitere Vorhaben in Deutschland (Alsdorf), Österreich, Tschechien, Großbritannien (Schottland) und Slowenien in Planung (Schetelig & Richter, 2013).
In der Tiefengeothermie sind offene Systeme der Normalfall. Sie bestehen in der Regel aus einer Dublette, also aus einer Förderbohrung und einer Reinjektionsbohrung. Sie sind also im Förderhorizont 'offen'. An der Oberfläche sind alle Systeme geschlossen und so gut von der Umwelt getrennt.
Auch bei klassischen hydrothermalen Dubletten wird gelegentlich angegeben, sie seien ‚geschlossen‘. Dies bezieht sich dann aber nur auf die Anlagenteile oberhalb des Nutzhorizontes, denn innerhalb des Nutzhorizontes sind diese Anlagen ‚offen‘. Diese Aussagen werden gemacht, um deutlich zu machen, dass das Tiefenwasser, das ja mit Feststoffen oder gelösten Stoffen wie gelösten Gasen belastet sein kann, nicht mit der Umwelt in Kontakt kommt. Dies gilt dann für die Atmosphäre aber auch für den oberflächennäheren Untergrund mit ev. für die Trinkwasserversorgung relevanten Schichten.
Es ist nicht ohne weiteres klar, ob und in welchen Ausmaß eine Wasserzirkulation im Förderhorizont tatsächlich stattfindet. Es kann durchaus sein, dass kein oder nur wenig vom reinjizierten Wasser der Förderbohrung zufließt (siehe Tracer). In jedem Fall fördert die Reinjektion nachhaltige hydraulische Verhältnisse im Reservoir.
Auch für die Tiefengeothermie sind inzwischen geschlossene Systeme (closed loop) angedacht. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sie wirtschaftlich sein können. Ein eigeführtes System ist hier die Tiefe Erdwärmesonde. Ein Beispiel ist die Anlage in Arnsberg.
Giordano, N; Canalis, L; Ceppa, L; Comina, C; Degiorgis, L; Giuliani, A; Mandrone, G; Marcon, G : How open-loop heat pumps on lakes can help environmental control:an example of geothermal circular economy, European Geothermal Congress , 2016
Soheil Porkhial, Hamzeh Sheydae : A Performance Comparison Between an Open Source and a Vertical Closed Source Heat Pump System for Residential Heating In the Cold Climate Iran , World Geothermal Congress , 2015
Seong-Kyun Kim, Gwang-Ok Bae, Kang-Kun Lee: Numerical Analysis of Open-loop and Closed-loop Geothermal Heat Pump Systems, World Geothermal Congress 2015
Abesser, Lewis: The open loop ground source heat pump screening tool for England and Wales, European Geothermal Conference 2013
Kilkis, I. B. : Closed Loop Versus an Open Loop Geothermal District System: A Techno-Economical Assessment , Geothermal Resources Council Transactions 1996
Kürten, S.: Zur thermischen Nutzung des Untergrunds mit flächigen thermo-aktiven Bauteilen, Dissertation, Fakultät für Bauingenieurwesen:
Aachen : Dissertation, Fakultät für Bauingenieurwesen, RWTH Aachen University, 2014.
Weitere Literatur siehe:
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