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Spannungsfeld

In Geologie, Geophysik und Geotechnik versteht man unter Spannungsfeld die quantitative Beschreibung der natürlichen (tektonischen) Spannungen in einem Gesteinsvolumen im Untergrund und die räumliche Verteilung dieser Spannungen.

Die Spannung ist ein Tensor mit vektoriellen Komponenten. Er wird meist vereinfachend durch die so genannten Hauptspannungen beschrieben. Ab einer gewissen Tiefe ist die vertikale Hauptspannung dominant. Natürlich auftretende und künstlich (Hydrofrac) erzeugte Risse im Untergrund orientieren sich bei ihrer Entstehung am Spannungsfeld. Sie stehen ab einer gewissen Tiefe vertikal und streichen in Richtung der maximalen horizontalen Hauptspannung (SHmax).

Zur Planung und zum Engineering eines künstlichen Wärmetauschers (petrothermale Geothermie) im Untergrund ist die Kenntnis des lokalen Spannungsfeldes unerlässlich. Spannungen im Untergrund lassen sich auf verschieden Art messen. Gängige Methoden sind:

Vertikale Hauptspannung

Die Spannungsmagnituden der Hauptspannungen werden von der Druckfestigkeit der jeweiligen Gesteinsfolge der Erdkruste begrenzt. In Situ ist der limitierende Faktor meist die
Scherfestigkeit bereits deformierter Gesteine, weil ab einer bestimmten Tiefe an fast allen Gesteinen Risse und Brüche vorzufinden sind. Für die Bestimmung von Sv wird angenommen,
dass die Erdoberfläche näherungsweise als eine horizontalen Ebene beschrieben werden kann. Die vertikale Spannung Sv ergibt sich aus der Auflast des Untergrunds (Zoback, 2007)

Horizontale Hauptspannung

Sv neigt dazu, die unteren Gesteinsschichten abhängig von ihrer Poissonzahl  (Querdehnungszahl) zu dehnen. Da eine Dehnung von anliegenden Gesteinsschichten blockiert wird,
entstehen die Spannungen SHmin und SHmax. Weitere Faktoren, die Einfluss auf die Spannungsverteilung nehmen, sind unter anderem die Temperaturverteilung, Störzonen und andere
tektonische Prozesse (Fjaer, 2008).

Die Wertebereiche von SHmax und SHmin sind im Wesentlichen von drei Faktoren abhängig (Zoback, 2007):

  1. Die Anderson-Theorie bestimmt je nach vorliegendem Deformationsmechanismus  das relative Verhältnis der Hauptspannungen.
  2. SHmin muss stets größer als der vorliegende Porenwasserdruck sein.
  3. Die Differenz aus S1 und S3 kann nicht größer als die vorliegende Gesteinsfestigkeit sein.

Der Wertebereich wird außerdem von dem vorliegenden Porenwasserdruck und Spannungsregime beeinflusst. Beispielsweise ist die Differenz der drei Hauptspannungskomponenten in
Formationen mit einem hohen Porenwasserüberdruck mit zunehmender Tiefe deutlich kleiner als in Formationen mit hydrostatischem Porenwasserdruck. Der Durchmesser der entsprechenden
Spannungskreise wird demzufolge kleiner (Zoback, 2007).

Die horizontalen Hauptspannungen resultieren hauptsächlich aus den plattentektonischen Verhältnissen und dem entsprechenden Spannungsregime. Da Hauptspannungen stets senkrecht oder parallel zu Flächen ohne Scherfestigkeit stehen (wie bspw. die Erdoberfläche: Phasenübergang fest-flüssig o. fest-gasförmig), kann sich ihre Orientierung bei einer schwachen Formation ändern. Dies kann bei großen Salzvorkommen oder Formationen mit hohem Überdruck der Fall sein. Die Orientierung der Hauptspannungen kann sich ab dieser Formationen neu anpassen, was oftmals mit einer Richtungsänderung
verbunden ist (Zoback, 2007).

Spannungsfeld und Induzierte Seismizität

Induzierte Seismizität steht immer im Zusammenhang mit dem lokalen Spannungsfeld. Neue Risse können entstehen, wenn der Innendruck ausreicht, einen neuen Riss entstehen zu lassen (Coulomb Kriterium) oder einen vorab vorhandenen Riss zu öffnen. Um einen vorhandenen Riss zu öffnen muss der Innendruck größer sein als die Normalspannung auf dem Riss. Auch wenn ein Riss entstanden ist oder sich geöffnet hat muss die Scherspannung ausreichen, um eine Scherbewegung der Gesteinsblöcke an den beiden Seiten des Risses gegeneinander einzuleiten. Dazu müssen in der Regel Reibungskräfte überwunden werden, die wiederum von der Normalspannung und der Rauigkeit abhängen.

Das Ganze ist dann eine Rissreaktivierung (fault reactivation). Ein neuer Riss wird sich in Richtung der kleinsten Horizontalspannung (SHmin) öffenen und in Richtung der größten Horizontalspannung (SHmax) ausbreiten. Bei vorhandenen Rissen ist für das Reaktivierungspotenzial entscheidend, wie sie im Spannungsfeld orientiert sind.

Die Größe des induzierten Bebens (Magnitude) hängt dann vorwiegend davon ab, wie groß die aktivierte Riss-Fläche ist und um welchen Versatz die Gesteinblöcke zu beiden Seiten des Risses gegeneinander  erschoben wurden. Diese Größen bestimmen das Seismische Moment und damit die Magnitude.

Literatur

Becker, A., Blümling, P. & Müller, W.H.: Rezentes Spannungsfeld in der zentralen Nordschweiz. Nagra Techn. Ber. 84-37: 1-35, 1984 

Fjaer, E. (2008). Petroleum related rock mechanics (2nd ed. Aufl., Bd. 53). Amsterdam and London: Elsevier. Zugriff auf http://site.ebrary.com/lib/alltitles/docDetail.action?docID=10206131

Simander, Thomas: Geomechanische Post-Drill Analyse des Tiefengeothermieprojektes Kirchweidach: BSc, TU München, 2021

Wolfgramm, M., Moeck, I., Budach, I.: Analyse des Struktur- und Spannungsfeldes zur Prognose von Bohrungsproduktivitäten . In: bbr, Jg. 65, Sonderheft Geothermie (2014), S. 102-109 

Zoback, M. D. (2007). Reservoir geomechanics. Cambridge Cambridge Univ. Press. Zugriff auf http://www.loc.gov/catdir/enhancements/fy0808/2008295723-b.html

Zu der sehr umfangreichen weiteren Literatur siehe unter Literaturdatenbank und/oder Konferenzdatenbank unter 'stress field'. 

zuletzt bearbeitet August 2024, Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de