Die Temperatur gemessen in einer Bohrung im Ruhezustand (keine Spülungs-Zirkulation) ist einer der wichtigsten Parameter in der Geothermie. Wirkliche Formationstemperaturen stellen sich erst nach längerer Zeit (Monate) ein, da die gesamte Bohrungsumgebung durch den Bohrvorgang (Spülungsumlauf) abgekühlt wurde. Temperaturen werden daher oft aus kürzeren Zeitreihen extrapoliert. Meist werden Temperaturen am Bohrlochtiefsten (bottom hole temperatures, BHT) angegeben. Sie können sich erheblich von Temperaturen am Bohrkopf (well head temperatures, WHT) unterscheiden. Aus Temperaturmessungen in aktuell genutzten Bohrungen (Förderung, Reinjektion) lassen sich Formationstemperaturen nicht unmittebar ableiten.
°C für T; K für Temperaturdifferenz; K m-1 für grad T
Der Temperaturgradient ist die Temperaturzunahme pro Teufenabschnitt.
In-situ-Messungen in Bohrungen
Korrekturverfahren zur Ermittlung von ungestörten Gesteinstemperaturen (z. B. aus BHT-Werten; BHT = Bottom Hole Temperature)
In Deutschland liegt der Temperaturgradient im Mittel bei 28–30 K km-1. Die mittlere Temperatur T0 an der Erdoberfläche in Deutschland beträgt 8,2 °C (niedrigster Wert an der Zugspitze = - 4,8 °C). Die höchste Temperatur Tz in einer deutschen Bohrung wurde mit 253 °C in 9063 m Tiefe (KTB Oberpfalz) ermittelt.
Innerhalb des Geothermie-informationssystems (GeoTis) des Leibniz-Institutes für Angewandte Geophysik steht eine Datenbank mit der Möglichkeit der Berechnung von Untergrundtemperaturen zur Verfügung, die Temperatur-Informationen aus ca. 10.000 Tiefbohrungen in Deutschland enthält. Es handelt sich dabei um:
Sie liegen aufgrund regelmäßiger, langjähriger Kontrolle von Förderbohrungen als umfangreiche Messwertreihen von bis zu 100 Einzelwerten vor; die Schwankungsbreite dieser Temperaturwerte liegt überwiegend unter 1 K, so dass sie in der Regel zu einem Temperatur-Messwert zusammengefasst werden können.
Temperaturdaten von Bohrungen sind u.a. die so genannten Bottom-Hole-Temperatures (BHT), welche während der normalen geophysikalischen Bohrlochmessung erfasst werden (Maximalthermometer für den jeweiligen Bohrlochabschnitt). Darüber hinaus gibt es Temperaturverlaufsmessungen, welche in der Regel 1 bis 10 Tage nach Abschluss der Bohrarbeiten realisiert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Daten die natürlichen Temperaturverhältnisse noch nicht vollständig wiedergeben, da sie noch durch die mit dem Bohrvorgang verbundene Spülungszirkulation gestört sind. Die Spülung kühlt den unteren Bereich der Bohrung aus und nimmt dabei selbst Wärme auf, die sie oberhalb einer neutralen Tiefe (Pivot-Punkt bzw. Cross-Over-Point) an das Gestein abgibt. Die gemessenen Temperaturen oberhalb des Pivot-Punktes sind also meist höher und die unter dem Pivot-Punkt tiefer als die wirklichen Formationstemperaturen.
Die Zeit bis zum Erreichen des ungestörten Zustandes in der Bohrung hängt vor allem von der Dauer der Temperaturstörung, der Bohrtiefe und weiteren Parametern (z.B. Differenz der Temperatur von Spülung und Formation) ab (Lotz 2004)1. Numerische Korrekturen der Temperaturprofile sind nur sehr eingeschränkt möglich, da hier genaue Informationen zu Bohrungs- und Spülungsaktivitäten benötigt werden (Lotz (2004)1. In Anlehnung an die Arbeit von Förster (2001)2 lässt sich das Temperaturprofil oberhalb des so genannten Cross-Over- bzw. Pivot-Punktes dadurch abschätzen, dass der Pivot-Punkt mit einer Temperatur von 8 – 10 °C (mittlere Temperatur an der Erdoberfläche) verbunden wird. Die Temperatur am Cross-Over-Punkt spiegelt zudem den mittleren geothermischen Gradienten wider.
Sind keine Temperaturverlaufsmessungen vorhanden, können synthetische Temperaturverläufe auf Basis von geophysikalischen Bohrlochmessungen berechnet werden. Fuchs & Förster (2014)3 entwickelten empirische Formeln, um die thermische Leitfähigkeit auf Basis verschiedener Bohrlochlogs (Gamma Ray - GR, Dichtelog, Sonic Log, Wasserstoffindex, photoelektrischer Faktor) vorherzusagen. Später wurde dieses Konzept auf die Berechnung von thermischer Diffusivität und spezifischer Wärmekapazität erweitert (Fuchs et al. 2015)2. Die Genauigkeit der Vorhersage hängt von der Art der verwendeten Logs und der Anzahl der kombinierten Logs ab, wobei insbesondere Dichtelog, Sonic Log und Wasserstoffindex (Neutron-Neutron-Log) sehr gute Ergebnisse liefern. In älteren Bohrungen vor ca. 1985 sind diese jedoch oft unkompensiert gemessen worden (Budach et al. 2014)4 und daher für Berechnungen nicht nutzbar.
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Weitere Literatur unter Literaturdatenbank und/oder Konferenzdatenbank.
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