In Deutschland und in vielen anderen Ländern wurde die Grenze zwischen oberflächennaher und Tiefengeothermie auf 400m festgelegt. Dies entspricht also nicht der Tiefe ab der das Bundesberggesetz Erdwärme als bergfreien Bodenschatz einstuft und deren Aufsuchung und Gewinnung dem Bergrecht unterwirft (100m).
In letzter Zeit wird versucht, zusätzlich eine 'mitteltiefe’ Geothermie einzuführen. Diese würde dann einen Tiefenbereich von etwa 400 - 2.000m umfassen. In diesen Tiefen sind die Temperaturen in der Regel für die meisten Anwendungen noch nicht ausreichend, um ohne Wärmepumpen genutzt zu werden. Im Gegenzug ist zu erkennen, dass erst die Entwicklung von "Hochtemperaturwärmepumpen", also vom Wärmepumpen die Temperaturen auch oberhalb von 50 °C im Eingang verarbeiten können, diesen Zweig der Geothermie für den Wärmemarkt erschließt.
Wegen der im Vergleich zur Oberflächennahen Geothermie höheren Temperaturen kann die Tiefengeothermie nicht nur im Wärmemarkt (Wärme und Kälte, direct uses) sondern auch zur Stromerzeugung genutzt werden. Eine Grenze wird bei etwa 115 °C liegen. Bei der Wärmeerzeugung aus Tiefengeothermie sind hier dann in der Regel keine Wärmepumpen notwendig. Wegen der meist größeren Leistung (oft mehr als 30 MWth), eignen sich Anlagen der Tiefengeothermie insbesondere als Wärmequelle für Wärmenetze (Quartierlösungen, district heating).
Die bei der tiefen Geothermie genutzten Reservoire befinden sich im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie in deutlich tieferen Erdschichten (> 400 m). Aus deren Nutzung resultieren in der Regel und je nach geologischen Gegebenheiten – im Vergleich zu oberflächennahen Systemen – deutlich höhere Thermalwassertemperaturen; das heißt pro Anlage kann eine deutlich höhere Wärmemenge auf einem entsprechend höheren Temperaturen im Vergleich zu den typischen Wärmepumpenanwendungen bereitgestellt werden. Dafür steigen allerdings auch der technische Aufwand und das Risiko. Aufgrund der höheren Thermalwassertemperaturen ist bei der tiefen Geothermie eine diversere Wärmebereitstellung möglich; beispielsweise ist auch eine Prozesswärmebereitstellung möglich.
Die in den weltweit insgesamt betriebenen geothermischen Heizwerken installierte thermische Leistung lag Ende 2019 bei rund 30,2 GW (für 2018 berechnet: 27,8 GW). Im letzten Jahr wurden rund 2,4 GW an thermischer Leistung neu in Betrieb genommen. Mit diesen Heizwerken wurden rund 421 PJ / 116,9 TWh (2019) an Nutzwärme bereitgestellt (für 2018 berechnet: 381 PJ / 105,8 TWh).
Technologiebedingt wird Wärme aus tiefer Geothermie dort produziert, wo besonders begünstigte geologische Vorkommen erschließbar sind. Typischerweise werden – falls vorhanden – Hochenthalpie-Vorkommen genutzt, die in geringen Tiefen technologisch einfach, sicher und kostengünstig erschlossen werden können. Liegt eine ausreichende Wärmenachfrage mit einer vielversprechenden Infrastruktur (das heißt Nah-/Fernwärmenetz) vor, werden zum Teil auch Vorkommen in Gebieten mit weniger günstigen Untergrundbedingungen genutzt. Beispiele für die Nutzung von Hochenthalpie-Vorkommen sind Nord- und Mittelamerika. Demgegenüber können zum Beispiel in Nord- und Mitteleuropa fast ausschließlich nur Niedrigenthalpie-Vorkommen erschlossen werden. Allerdings liegen hier oft sehr gute infrastrukturelle Voraussetzungen für eine Wärmeverteilung (das heißt existierende Fernwärmenetze) vor und zusätzlich wird die Installation und der Betrieb derartiger Anlagen teilweise staatlich unterstützt.
Nach wie vor wird in China die größte geothermische Wärmebereitstellung realisiert. Weitere Märkte mit signifikanten Nennwärmeleistungen aus tiefer Geothermie sind in den USA, der Türkei, in Japan, auf Island und in Italien vorhanden.
Die Anlagentechnik der geothermischen Heizwerke ist weitgehend ausgereift; innovative Lösungen, die über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen, sind nicht am Markt nicht erkennbar. Jedoch werden zunehmend Anstrengungen unternommen, die geothermische Wärme immer weitergehender (das heißt kaskadenförmig) zu nutzen; beispielsweise werden nach der eigentlichen Wärmeauskopplung zum Beispiel Technologien zur Trocknung unterschiedlicher Lebensmittel oder anderer Rohstoffe eingesetzt.
Weltweit sind noch beachtliche unerschlossene Potenziale vorhanden. Je nach geologischen Gegebenheiten ist eine weitergehende Erschließung dieser Vorkommen aber typischerweise unter Kosteneffizienzgesichtspunkten nur bei einer entsprechend hohen Wärmenachfrage realisierbar. Damit ist insbesondere bei Niedrigenthalpie-Vorkommen zu erwarten, dass eine Wärmenutzung aus tiefer Geothermie nur sehr verhalten ausgebaut werden wird. Bei einem durchschnittlichen Wachstum wie in den vergangenen Jahren von 5 bis 8 %/a würde sich für 2025 eine weltweit installierte thermische Leistung von 38 bis 42 GW ergeben; damit könnten dann rund 502 bis 554 PJ beziehungsweise 139,4 bis 153,9 TWh (2025) an Wärme bereitgestellt werden.
Die installierte thermische Leistung aller in der EU vorhandenen geothermischen Anlagen für eine ausschließliche Wärmebereitstellung lag Ende 2019 bei geschätzten 3,9 GW (für 2018 berechnet: 3,8 GW). Mit diesem Anlagenpark wurden rund 69,4 PJ / 19,3 TWh (2019) an Nutzwärme bereitgestellt (für 2018 berechnet: 62,8 PJ / 17,4 TWh).
Anders als auf globaler Ebene ist in der EU derzeit keine signifikante Wachstumsdynamik erkennbar. Ein Ausbau der tiefen Geothermie wird durch hohe Erschließungskosten, geologische Risiken, dem zwingend benötigten Fernwärme- beziehungsweise Nahwärmeverteilnetz und der oft kostengünstiger verfügbaren Konkurrenzenergie stark beschränkt. Ausnahmen stellen geologisch und infrastrukturell relativ günstige Gebiete dar (zum Beispiel Großraum München mit einem vorhandenen Fernwärmenetz, einem vielversprechenden Untergrund (Molassebecken) und dem Ziel, die Wärmeversorgung komplett regenerativ zu realisieren). Wird für die EU von einer mittleren Wachstumsrate von 2 %/a ausgegangen, könnte die thermische Gesamtkapazität aller geothermischen Heizwerke bis 2025 bei 4 und 5 GW liegen; die potenzielle Nutzwärmebereitstellung läge dann zwischen 60 und 75 PJ beziehungsweise 16,7 und 20,8 TWh (2025). Bis 2030 könnten dies auf 5 bis 6 GW beziehungsweise etwa 75 bis 90 PJ beziehungsweise 20,8 bis 25 TWh (2030) ansteigen.
Durch Neuinstallationen von rund 0,7 GW im Jahr 2019 waren in den weltweit vorhandenen geothermischen Kraft- und Heizkraftwerken insgesamt rund 13,9 GW an elektrischer Leistung installiert. Dieser Kraftwerkspark stellte rund 95 TWh (2019) bereit (2018: 13,3 GW, 89 TWh).
Der stärkste Ausbau der geothermischen Stromerzeugung fand 2019 in der Türkei, in Indonesien sowie in Kenia statt; allein hier wurden rund 85 % der neu installierten Kraftwerkskapazität verbaut. Der größte Ausbau war – wie bereits auch im Vorjahr – in der Türkei mit 232 MW an zusätzlicher Leistung zu verzeichnen (2018: 219 MW). Darüber hinaus wurden in Indonesien Kapazitäten von 182 MW sowie in Kenia 160 MW installiert.
Die größten insgesamt installierten Leistungen sind in den USA zu finden; hier wurde 2019 eine elektrische Leistung von insgesamt 2,6 GW (Zubau 2019: 15 MW) betrieben, mit der etwa 17,0 TWh (2019) erzeugt wurden. Aber auch auf den Philippinen und auf Indonesien (2,1 und 1,9 GW; etwa 14,2 und 12,8 TWh (2019)) sowie in Neuseeland und Mexiko (1,0 und 0,9 GW; jeweils rund 6,3 TWh (2019)) sind erhebliche elektrische Leistungen verbaut. Die Türkei entwickelt sich durch einen Zubau im vergangenen Jahr mit einer gesamtinstallierten Leistung von 1,5 GW zunehmend zu einem big player der geothermischen Stromerzeugung und liegt auf Platz vier der installierten Leistung weltweit.
Eine Stromerzeugung aus tiefer Geothermie wird damit überwiegend in Ländern / Gebieten mit besonders günstigen geologischen Randbedingungen (das heißt Hochenthalpie-Vorkommen) realisiert; für eine thermodynamisch effiziente Stromerzeugung sind derartige Hochenthalpie-Vorkommen eine zwingende Voraussetzung. Unter diesen vorteilhaften geologischen Bedingungen ist die Realisierung eines derartigen Geothermie-Projektes zwar immer noch technisch anspruchsvoll, aber in der Regel wirtschaftlich möglich und das Risiko im Allgemeinen überschaubar. Liegen demgegenüber lediglich durchschnittliche geologische Ressourcen (zum Beispiel Niedrigenthalpie-Vorkommen wie unter anderem in Deutschland und Frankreich) vor, ist die Projektrealisierung in der Regel technisch sehr viel anspruchsvoller; daraus resultieren deutlich höhere spezifische Investitionen und höhere Risikoaufschläge, die einer kommerziellen Umsetzung eines derartigen Projektes oft entgegenstehen.
Auch zukünftig wird die Stromerzeugung aus tiefer Geothermie, insbesondere an geothermisch bevorzugten Standorten, weiter ausgebaut. Insbesondere die Nutzung zum Beispiel in der Türkei und in Indonesien dürfte weiter zunehmen. Ausgehend von der durchschnittlichen Ausbaurate der vergangenen Jahre könnte die weltweit installierte elektrische Leistung geothermischer Kraftwerke Ende 2025 bei 16 bis 18 GW liegen; damit wäre dann eine Strombereitstellung von rund 108 bis 122 TWh (2025) möglich. Bis 2030 wäre bei konstanter Ausbaurate eine elektrische Gesamtkapazität von rund 19 bis 23 GW und eine damit verbundene Strombereitstellung von rund 128 bis 155 TWh (2030) denkbar.
Ende 2019 waren in der EU 0,9 GW an elektrischer Leistung in geothermischen Kraftwerken installiert, mit der geschätzte knapp 7 TWh (2019) erzeugt wurden. Noch immer ist in Italien, das über die einzigen Hochenthalpievorkommen auf dem europäischen Festland verfügt, der mit Abstand größte Anteil der in Geothermie-Kraftwerken installierten Leistung vorhanden (0,8 GW; 6 TWh (2019)). Vergleichsweise kleinere Kapazitäten sind weiterhin in Deutschland (42 MW; 0,31 TWh (2019)), Portugal (29 MW; 0,2 TWh (2019)) und Frankreich (16 MW; 0,12 TWh (2019)) installiert.
Wird auch für die EU eine jährliche Ausbaurate von durchschnittlich 2 %/a unterstellt, würde dies zu einer maximalen installierten elektrischen Leistung von rund 1,0 beziehungsweise 1,2 GW bis Ende 2025 beziehungsweise 2030 führen. Mit den dann betriebenen Kraft- und Heizkraftwerken könnten rund 6,6 bis 7 TWh (2025) beziehungsweise 6,6 bis 7,9 TWh (2030) an Strom erzeugt werden.
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zuletzt bearbeitet Mai 2022,. Änderungs- oder Ergänzungswünsche bitte an info@geothermie.de