Die Oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von ca. 400 m und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Neben klassischen Anwendungsformen zur Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser wird die Oberflächennahe Geothermie auch zur Beheizung von Gewächshäusern sowie zur Enteisung von Weichen oder Parkplätzen eingesetzt.
In über 470.000 Ein- oder Mehrfamilienhäusern, öffentlichen Einrichtungen, Krankenhäusern, Schulen oder Gewerbebetrieben wird die Oberflächennahe Geothermie in Deutschland eingesetzt. Jährlich kommen ca. 31.000 Oberflächennahe Geothermieanlagen dazu (Stand: 2022).
In Mittel- und Nordeuropa haben sich Erdwärmesonden als häufigste Anlagentypen durchgesetzt. Erdwärmesonden werden als senkrechte Bohrungen niedergebracht, in die Rohre eingelassen und durch eine Art Zement fest eingebaut. In Deutschland setzt man dafür zumeist Doppel-U-Rohre aus Polyethylen ein. Diese sind mit einer Wärmeträgerflüssigkeit, normalerweise Wasser mit einem speziellen Frostschutzmittel, gefüllt, die die Wärme aus dem Erdreich aufnimmt und an die Oberfläche zur Wärmepumpe transportiert. Hierzulande werden Erdwärmesonden normalerweise in 50-160 Meter Tiefe eingebaut. Ein bis zwei Bohrungen reichen für die Beheizung eines Einfamilienhauses aus. Auch komplette Wohngebiete lassen sich auf diese Weise versorgen. Mit rund 12 Zentimetern ist ihr Durchmesser vergleichbar mit einer CD und der Flächenverbauch damit sehr gering.
Bei größeren Anlagen, für die viele Erdwärmesondenlöcher gebohrt werden müssen, führt man vor der Erstellung eines solchen Sondenfeldes einen so genannten Thermal Response Test durch. Er liefert Daten über den Untergrund wie die Wärmeleitfähigkeit des Bodens. Dadurch kann ein Geothermieplaner berechnen, wie viele Bohrungen mit welcher Tiefe benötigt werden. In der Folge können Bohrmeter und damit Kosten gespart sowie sichergestellt werden, dass sich die einzelnen Sondenbohrungen in ihrer Leistung nicht beeinträchtigen.
Eine technische Variante der Erdwärmesonden sind so genannte CO2-Erdwärmerohre. Sie bestehen aus einem druckfesten, flexiblen Edelstahl- oder Kupferrohr, das mit flüssigem und gasförmigem Kohlendioxid gefüllt ist. Wie herkömmliche Sonden werden sie senkrecht in die Erde eingebracht. In dem Rohr befindet sich flüssiges Kohlendioxid, das durch die Aufnahme von Wärme aus dem Erdreich verdampft. Wegen seiner nur geringen Dichte steigt es im Innern des Rohres, ohne dass gepumpt werden muss, wieder nach oben. Im Kopf des Rohres wird dem CO2 die Wärme entzogen, das Gas wird wieder flüssig und fließt in der Sonde zurück zum Boden der Sonde. Danach beginnt der Kreislauf von vorne. CO2-Sonden kommen unter anderem im Bahnnetz zum Einsatz, wo sie Gleise und Weichen eisfrei halten. Da hierfür kein zusätzlicher Energieeinsatz nötig ist, bieten CO2-Sonden gegenüber konventionellen Weichenheizungen auf Erdgasbasis einen entscheidenden Kostenvorteil.
Aufgrund der in Deutschland ganzjährig konstanten Grundwassertemperaturen von 8-11 °C kann Grundwasser, in Abhängigkeit von den hydrogeologischen Voraussetzungen vor Ort, eine energetisch effiziente Wärmequelle darstellen. In Siedlungsgebieten sind die Grundwassertemperaturen sogar noch etwas höher.
Benötigt werden zwei Brunnen von rund 20 Metern Tiefe. Durch einen Förderbrunnen wird das Grundwasser an die Oberfläche gepumpt. Dort wird die Wärme des Grundwassers übertragen, bevor das Wasser über einen Schluckbrunnen wieder ins Erdreich zurückgeführt wird. Brunnensysteme erfordern eine gewisse Pflege und häufig Filtereinrichtungen, die verhindern sollen, dass Fremdstoffe im Wasser die Schluckbrunnen verstopfen.
Grundwasserwärmepumpen lassen sich daher gewöhnlich erst ab einer Mindestgröße (ca. 35 kW Wärmebedarf) wirtschaftlich sinnvoll errichten. Dann sind sie jedoch durch die vergleichsweise hohen Wärmeleistungen pro Brunnenbohrung sehr günstig. Bei größeren Gebäuden sind Grundwasserwärmepumpen daher eine interessante Alternative. Steht genügend Grundwasser zur Verfügung können Grundwasserbrunnenanlagen in Verbindung mit Wärmepumpen auch zur Versorgung ganzer Wohngebiete eingesetzt werden. Statt des Grundwassers können in ähnlicher Form auch Oberflächengewässer genutzt werden.
Erdwärmekollektoren werden horizontal in 80 - 160 Zentimeter Tiefe in Schlangenlinien verlegt. Ebenso wie in Erdwärmesonden fließt hier ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel. In diesen Tiefen haben die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen Auswirkungen auf die Untergrundtemperaturen. Die nutzbaren Temperaturen sind damit im Winter niedriger als bei Erdwärmesonden, reichen jedoch für den effizienten Wärmepumpenbetrieb aus. Die Kollektoren sollten in einen Untergrund verlegt werden, der Feuchte halten kann. Überbauungen sind zu vermeiden, da auch die Wärmezufuhr aus dem Regenwasser von den Kollektoren zur Wärmeversorgung herangezogen wird. Eine Variante sind Spiralkollektoren, sog. Erdwärmekörbe, die in entsprechenden Abständen in den Boden eingebracht werden und gewöhnlich weniger Aushubarbeiten erfordern.
Betonbauteile bzw. Gründungspfähle lassen sich nicht nur als tragendes oder architektonisches Element einsetzen, sondern auch zu Heiz- und Kühlzwecken. Dafür werden bei der Errichtung des Gebäudes Wärmetauscherrohre in den Beton eingebracht. Für diese Technologie hat sich der Begriff „Energiepfahl“ durchgesetzt. Der wirtschaftliche Vorteil ergibt sich vor allem daraus, dass bereits eingeplante Bauteile genutzt werden und damit der Mehraufwand relativ gering ist. Insbesondere bei großen Bürogebäuden kommen Energiepfähle zum Einsatz.
Die Wärmepumpe enthält ein Arbeitsmittel, das bereits bei sehr niedrigen Temperaturen verdampft. Dieses Gas wird durch einen elektrisch angetriebenen Kompressor verdichtet. Dadurch erhöht sich der Druck und die Temperatur steigt. Ein Wärmetauscher nimmt die Wärme auf und gibt sie an das Heizsystem weiter. Das Gas kühlt dabei ab und verflüssigt. Der Druck wird über ein Expansionsventil abgebaut. Ein Kühlschrank arbeitet genauso, nur dass dabei die Wärme von innen nach außen übertragen wird.
Die Effizienz erdgekoppelter Wärmepumpen ergibt sich aus ihrer Jahresarbeitszahl. Diese gibt die Wärmemenge an, die im Verlauf eines Jahres aus einer Einheit Antriebsenergie, z. B. Strom, erzeugt wird. Heute werden mit erdgekoppelten Systemen Jahresarbeitszahlen von bis zu 4 oder 5 erreicht, d. h. mit 1 Kilowattstunde Strom können 4 oder 5 Kilowattstunden Wärme bereitgestellt werden.
Am effizientesten arbeiten Wärmepumpen mit einer Vorlauftemperatur von bis zu 45 °C. Sinnvoll ist daher die Kombination mit Flächenheizungen (z. B. Fußbodenheizung oder Wandheizung) oder mit Ventilatorkonvektoren, bei denen es sich um Heizkörper handelt, bei denen Ventilatoren die Wärme im Raum verteilen.
Der Untergrund kann nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kühlen eingesetzt werden. Anders als im Winter ist der Untergrund im Sommer kühler als die Umgebungsluft. Diesen Effekt kann man auch in Höhlen spüren. Zum Nutzen dieser angenehmen Kühle sind nur geringe zusätzliche Maßnahmen nötig.
Klimakälte kann man über Erdwärmesonden, Energiepfähle usw. direkt aus dem Boden in das Gebäude leiten. Dabei wird nur die in der Anlage kreisende Wärmeträgerflüssigkeit genutzt, bzw. mit Pumpen im Gebäude umgewälzt. Der Energieaufwand beschränkt sich auf den Stromverbrauch eben dieser Pumpen. Herkömmliche Aggregate zur Erzeugung von Klimakälte entfallen. Mit 1 kWh elektrischer Energie können bis zu 100 kWh thermische Energie bereitgestellt werden. Bei dieser Variante spricht man von passiver Kühlung. Sie ist eine sehr kostengünstige Alternative zu konventionellen Klimageräten.